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Freud On Display Event
mit Karl-Josef Pazzini, Dorothee Richter und Michaela Wünsch
Moderation: Monika Pessler, Direktorin des Sigmund Freud Museums
Donnerstag, 5. März 2015, 19 Uhr
Sigmund Freud Museum
Berggasse 19, 1090 Wien
Eintritt frei und freie Platzwahl, Anmeldung: veranstaltung@freud-museum.at
Gedenkstätte und Erinnerungsort, monografisches Museum und Wissenschaftsstandort, Bibliothek und Kunstsammlung – dem Sigmund Freud Museum werden seit seiner Eröffnung 1971 unterschiedliche Erwartungshaltungen zuteil. Obwohl es sich bei den ehemaligen Praxis- und Privaträumen von Sigmund Freud um einen materiell beinahe zur Gänze ?entkernten Erinnerungsort? handelt: 1938 konnte die Familie Freud auf ihrer Flucht ins Exil ihr gesamtes Interieur einschließlich der Bücher, der berühmten Antikensammlung und der Couch – der Ikone der Psychoanalyse schlechthin – nach London mitnehmen. Daher präsentiert sich das Museum heute als ?house museum without objects?. Die Leerstellen des Museums unterstreichen einerseits seine Mängel, andererseits zählen sie zu den konstituierenden Parametern dieses Orts. Ohne diese Spuren des Verlustes, ohne die Kennzeichnung des Nicht-mehr-Sichtbaren würde die Institution Gefahr laufen, ihre eigene Geschichte zu leugnen – ja, zu hintertreiben. Darüber hinaus erweisen sich diese ?Mangelerscheinungen? im Zuge der Rezeption von Freuds Leben und Werk vor Ort als äußerst konstruktiv: Sie sind mitverantwortlich für jenen Überschuss an Bedeutungen, Wünschen, Erinnerungen, Fantasmen und Projektionen, die mit diesem Museum untrennbar verknüpft scheinen und als psychoanalytische Begriffe die BesucherInnen in medias res führen.
Dieser Befund tröstet jedoch nicht über den Umstand hinweg, dass das derzeitige Museumssetting auf knapp 280 m2 dem jährlichen Besucherandrang von über 80.000 Gästen sowie zeitgemäßen Museumsstandards nicht mehr gerecht wird. Die in den 1980er Jahren gestaltete Dauerausstellung informiert zwar über biographische Stationen Freuds und so manchen Werktitel, vermittelt jedoch kaum, wie sehr Sigmund Freud und die von ihm entwickelte Psychoanalyse das kulturelle Selbstverständnis des Menschen veränderte, formte und bis heute prägt. Die Neugestaltung der Dauerausstellung in einer vergrößerten Ausstellungsfläche ist daher unabdingbar – und wirft grundlegende Fragen auf wie: Welche musealen Darstellungsformate können Freuds Vermächtnis bzw. signifikante Inhalte der Psychoanalyse vergegenwärtigen? Welche Bedeutung ist der monografischen Institution im Hinblick auf die Vermittlung und Aufbereitung unserer Geschichte zuzuschreiben? Welche Modi psychoanalytischer (Behandlungs-)Methoden eignen sich, um in den Museumsbereich und -besuch überführt zu werden? Welche neuen Technologien und medialen Vermittlungsformate können dabei zum Einsatz gelangen, welche nicht und warum? Wie lässt sich die Geschichte des Hauses mit Entwicklungen der gegenwärtigen Museumspraxis verbinden? Ist der Funktion eines bloßen Erinnerungsorts auch das Potential immanent, ?Denk-Raum? zu sein? Museumsdirektorin Monika Pessler lädt daher drei international renommierte ExpertInnen zum Gespräch, um diese Fragen zu diskutieren.
Karl-Josef Pazzini studierte Philosophie, Theologie, Erziehungswissenschaft, Mathematik, Kunstpädagogik und arbeitet als Psychoanalytiker in Berlin und noch in Hamburg. Er war von 1993 bis 2014 Professor für Bildende Kunst und Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg. Arbeitsschwerpunkte sind Bildung vor Bildern, Psychoanalyse & Lehren, Unschuld der Kinder, Schuld sowie das psychoanalytische Konzept der Übertragung.
Dorothee Richter ist Leiterin des Postgraduate Programme in Curating, der Züricher Hochschule der Künste, www.curating.org. Sie hat über Fluxus promoviert, sowie gemeinsam mit Ronald Kolb einen Film über Fluxus gemacht: ?Flux Us Now, Fluxus explored with a camera?, http://www.fluxusnow.net/. Sie ist Herausgebering des Webjournals www.On-Curating.org, das sich kritisch mit Ausstellungspraxis und Theorie befasst.
Michaela Wünsch studierte Kulturwissenschaft und Gender Studies an der Humboldt-Universität zu Berlin und promovierte dort mit einer Arbeit zum Serienkiller als Medium des Unbewussten. Sie unterrichtete als Gastprofessorin an der Universität Wien u.a. Seminare zu Psychoanalyse und Film und arbeitet derzeit als Marie-Curie Fellow an einem Forschungsprojekt zu Wiederholung in Psychoanalyse und Fernsehen an der University of California Los Angeles und der Universität Potsdam. Sie ist Mitglied und Vorsitzende der Psychoanalytischen Bibliothek Berlin.