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Finissage: Any Printmaker Out There? Event
Offene Diskussion zum Thema Open-Call im Kunstbetrieb und dem damit verbundenen unumgänglichen Scheitern. Im Rahmen der Finissage der Ausstellung “Any Printmaker Out There?”
- Ist der Open-Call ein geeignetes Instrument um Künstler*innen für Ausstellungen auszuwählen?
- Welche Vor- und Nachteile hat die Praxis Open-Call für die Ausschreibenden und die Einreichenden?
- Warum wird die “inszenierte Konkurrenz” des Open-Calls nicht kritisch hinterfragt, und ständiges Scheitern hingenommen?
- Was könnten mögliche Alternativen zum Open-Call sein?
Offen ab 19.00
Begin um 20.00
Zur Entstehung der Ausstellung „Any Printmaker Out There?“: Scheitern als Normalzustand
Die Auswahl der Künstler*innen dieser Ausstellung wurde nicht von den Kuratorinnen getroffen, sondern ist das Resultat eines Open-Calls, welcher vom Kulturverein KAESHMAESH an Studierende der Universität für Angewandte Kunst gerichtet war.
Nach Ende der Frist musste aus den zahlreichen Einreichungen ausgewählt werden. Besonders viele überzeugende Zusendungen kamen aus der Klasse für Grafik und Druckgrafik. Um die Anzahl der Absagen auf ein Minimum zu reduzieren, entschloss sich das KAESHMAESH eine Ausstellung ausschließlich mit Studierenden der Druckgrafik-Klasse zu organisieren.
Die Mechanismen des Open-Calls sind somit zu einem gewissen Grad ad absurdum geführt, indem anstatt auszuwählen, alle Einreichungen –zumindest aus der Klasse für Druckgrafik - akzeptiert wurden. Aus den neun zufällig zusammen gewürfelte Portfolios suchten Lara Erel (Universität für Angewandte Kunst) und Agnes Rameder (KAESHMAESH) Arbeiten aus, konzipierten anhand dieser die Ausstellung und versuchten Zusammenhänge und Spannungsfelder im Raum herzustellen.
Die heute gängige Praxis des Open-Calls wird im Kunstbetrieb selten diskutiert oder hinterfragt. Dies ist möglicherweise auf sein historisches Wachstum zurückzuführen, denn der Modus in einer öffentlichen Ausschreibung Ausstellende zu finden, ist keineswegs neu. Bereits im Pariser Salon, der bedeutendsten Kunstausstellung des 19. Jahrhunderts, konnten Künstler ihre Arbeiten in einer „inszenierten Konkurrenz“ einer Jury präsentieren, die Werke zur Ausstellung auswählte. Heute ist der Open-Call ein etabliertes und stabiles Instrument der Ausstellungsprogrammatik von Kunsträumen, Festivals, Residency-Programmen etc., der jedoch nicht unproblematisch ist. Wir wollen hier keineswegs den Open Call per se verurteilen, sondern auf dessen Vor- und Nachteile hinweisen.
Als positiv zu werten ist, dass Kunstschaffende zu Ausstellungen nicht exklusiv geladen werden, sondern die Auswahl öffentlicher und demokratischer wird, wodurch im besten Fall der „Freunderlwirtschaft“ entgegengetreten, und die Ausstellungsprogrammatik diverser wird. Außerdem ist es den Ausschreibenden möglich, die qualitativ besten Arbeiten auszuwählen und eventuell künstlerische Dialoge, die sonst nicht zustande gekommen wären, herzustellen, da sich ohne den Call die Initiator*innen und die Künstler*innen möglicherweise nie kennengelernt hätten.
Dennoch hat die Vorgehensweise auch negative Aspekte. Es liegt in der Natur des Open-Calls, dass mehr Einreichungen getätigt, als ausgewählt werden. Selbst wenn die Arbeiten mehrerer Künstler*innen überzeugen und die Ausschreibenden diese auch ausstellen möchten, ist dies aus Platz- Zeit- oder anderen Gründen nicht möglich und es gibt keine Alternative, als auch an Bewerber*innen, die die Initiator*innen gerne ins Programm aufnehmen würden, Absagen zu schreiben. Dies sowie der Selektionsprozess sind Tätigkeiten, die oftmals innere Konflikte der Auswählenden hervorrufen, da diesen meist bewusst ist, dass Absagen Wurzel tiefgehender Zweifel am künstlerischen Schaffen sein können.
An einer Ab- oder Zusage ist somit nicht nur die einreichende Künstler*in, sondern auch die Jury beteiligt, deren Versuch rational zu bleiben unweigerlich zum Scheitern verurteilt ist. Denn neben der künstlerischen Qualität fließt auch immer der persönliche Geschmack in die Auswahl mit ein - was schlussendlich pure Objektivität unmöglich macht.
Bereits Entscheidungen aus dem 19. Jahrhundert belegen diese Tatsache – so fanden sich wegweisende Werke der Kunstgeschichte, etwa von James Whistler oder Edouard Manet, 1863 im Salon de Refusés – einer Ausstellung mit abgelehnten Werken, die parallel zur Salonausstellung abgehalten wurde – wieder. Die Arbeiten der genannten Künstler wurden zurückgewiesen, da sie nicht nach dem Geschmack der Jury, beziehungsweise des Zeitgeistes, malten. Dies bestätigt, dass folgende Fragen damals wie heute von ungebrochener Aktualität sind: Wer entscheidet über Qualität, Originalität, künstlerischen Wert? Auf welche Weise wird entschieden? Wer sind diejenigen, die ein Urteil fällen und es auch durchsetzen?