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Spielende Erinnerung. Erzählen als Spiel im Genre der "Alternate History" Event
Im Frühling 1942 erobert die deutsche Wehrmacht Moskau. Dies ist eine der „nicht eingetretenen Lieblingssituationen“ des Erzählers von Roberto Bolaños Roman „Das Dritte Reich“ in seinem Strategie-Brettspiel. Der Vortrag geht auf solche Motive des Spiels im kontrafaktischen Erzählen ein und reflektiert den theoretischen Zusammenhang von Erzählen und Spielen.
Was wäre gewesen, wenn … ? Das kontrafaktische Erzählen ist ein Spiel mit dem historischen Wissen. Im Vortrag möchte Caspar Battegay zeigen, dass Spielen und (para)historisches Erzählen in engem Zusammenhang stehen. Das „Spielelement“ (Johan Huizinga) ist zwar für das Erzählen allgemein wesentlich, doch im kontrafaktischen Erzählen wird es zu einem poetologischen Prinzip, zudem auf der Inhaltsebene oftmals selbst thematisch, wie das Beispiel von Bolaños Das Dritte Reich verdeutlicht. Der Vortrag wird zunächst die Literaturgeschichte der alternate history beleuchten, dann auf die theoretische Kongruenz von Spielen und Erzählen eingehen und schließlich filmische (Quentin Tarantino) und literarische (Michael Chabon) Beispiele untersuchen. Das Spiel, das immer auch ernst ist, aber eben nie ganz ernst, stellt ein Modell für ein historisches Erzählen dar, das die Illusion absoluter Faktizität hinter sich lässt und im Beharren auf Ambivalenz ein multiperspektivisches Bild der Geschichte erlaubt.
Caspar Battegay ist seit 2017 Privatdozent für Neuere deutsche und Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Basel. Er promovierte 2009 an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg. Seine Forschungsgebiete liegen in der deutsch-jüdischen Literatur- und Kulturgeschichte, der modernen und zeitgenössischen deutschen Literatur und der Popkultur. Er ist derzeit IFK_Research Fellow.