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They Walked in Line Event
Das eintägige Symposium reflektiert aktuelle Entwicklungen der sog. Neuen Rechten in den Feldern von Mode und Popkultur und diskutiert kritische zivilgesellschaftliche Bildungs- und Handlungsstrategien. Eine Veranstaltung des IKL und des Austrian Center for Fashion Research.
Mit dem 2016 von der Identitären Bewegung Österreich gegründeten T-Shirt Label Phalanx Europa wird im Internet eine neue Generation extrem rechter Kleidercodes gehandelt. Statement-Shirts, die auf den ersten Blick alternativer Kleidung ähneln, transportieren mit popkulturell gestalteten Schriftzügen und Emblemen den rechts-identitären Aufruf zur „Re-Migration“ und Botschaften wie „Ehre, Freiheit, Vaterland“ oder “Wenn dich das stört, helf ich beim packen”. Der fest im kulturellen Gedächtnis verankerte rechtsextreme Dresscode aus Glatze - Bomberjacke – Springerstiefel, der über mehrere Dekaden für das prototypische Erscheinungsbild von Neonazis galt, wird damit abgelöst. Anstelle dieser Uniformierung, die gleichermaßen als Personifizierung für brutale Übergriffe und rassistische Anschläge galt, ist nun ein modisches Erscheinungsbild getreten, das versucht rechte Gewalt durch die ästhetische Aneignung popkultureller und links-autonomer Styles zu normalisieren.
Was hat zur Veränderung beigetragen und wohin lässt sich eine semiotische Fährtensuche innerhalb von Mode, Popkultur im Kontext mit der Entwicklung von rechten Gruppierungen ausmachen? Diese Spur führt zurück in die 1990er Jahre als Kleidermarken u.a. von Neo-Nazi-Funktionären gegründet wurden um rechtsextreme Botschaften in Deutschland und Österreich zu verbreiten. Die Sprache der Mode ist dabei Teil einer umfassenden parlamentarischen und außerparlamentarischen Modernisierungsbewegung der extremen Rechten in Europa und den USA. Aktuell zielen diese darauf ab, kein leicht erkennbares Aussehen zu haben um als Mainstream wahrgenommen werden. Dass es so einfacher sei zu wachsen und junge Anhänger_innen zu rekrutieren, konstatierte die US-amerikanische Soziologin Cynthia Miller-Idriss in ihrer Untersuchung The Extreme gone Mainstream (Princeton UP 2018), wo sie die Kommerzialisierung und Funktion rechter Kleidermarken an Schulen und in Jugend- und Popkulturen erforscht hat. Popkultur galt lange als Ort für Subversion der Raum für emanzipatorischem Potential bietet. Mittlerweile scheint dieser diskursive Raum von rechten Bewegungen mittels vornehmlich linker Kommunikationsguerilla-Strategien angeeignet zu werden. Im Rahmen des Symposiums muss daher den Fragen nachgegangen werden: Was tun, wenn die etablierten Zeichen und Bildsprachen innerhalb rechter Gesinnungsgruppen nicht mehr so eindeutig zu erkennen und zu trennen sind? Wie können individuelle Codes, Kleidungs- und Styling-Praxen differenziert werden von den vestimentären Praxen links-autonomer Subkulturen? Wie schafft es eine Nazi-Modelabel wie Thor Steinar von ursprünglich rechtsextremistischer Kleidung scheinbar zum Lifestyleaccessoire zu avancieren? Welche Rolle spielt faschistiode Ästhetik und deren ironisch-affirmative Aneignung innerhalb von Popkultur, Mode und Musik? Wenn große Teile der westlichen Polit- und Diskurswelt nach rechts abdriftet, wie ist es dabei um feministische Errungenschaften und Geschlechterbilder bestimmt?
Das eintägige Symposium geht aktuellen Entwicklungen und Diskursen an der Schnittstelle von Modepraxen, sog. Neuen Rechten und Popkultur nach und möchte mit Vorträgen, Workshops und einer Podiumsdiskussion tagesaktuelle Entwicklungen im Feld aufzeigen und diskutieren.
Programmablauf
09:30 – 10:00 Kaffee und Registrierung
10:00 – 10:30
Begrüßung: Elisabeth Sattler
Einführung: Elke Gaugele, Sarah Held
10:30 – 11:00
Vortrag: Michael Bonvalot
Selbstinszenierung, Bildsprache und Medienstrategie der neofaschistischen Gruppe “Identitäre” und der selbsternannten “Neuen Rechten”
11:00 – 11:45
Vortrag: Emil Peters, Ulrich Meyer
Zur Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit Thor Steinar
11:45 – 13:00
Keynote: Cynthia Miller-Idriss
Selling Extremism: Fashion, Fascism and Embodiment
13:00 – 14:00 Mittagspause
14:00 – 15:00
Feldbericht: Uwe Traxler
Nazi-Reenactment als historisches Kriegsspiel
14:00 – 16:00
Workshops
Jerome Trebing
“Return Your Revolt Into Style”? – Modische Inszenierungen der extremen Rechten im Spannungsfeld medialer Inszenierungen und subkultureller Vergemeinschaftung.
Emil Meyer, Ulrich Peters
Investigate Thor Steinar
Valerie Lange, Jana Patz
„Ich könnt auch eine Nazi-Braut sein.“ – Der rechte Look im Alltag, ein Selbstversuch
Sarah Held
(Anti)Feminismus, Sexismus, Rassismus als toxische Allianz in rechten Ressentiments
Carina Klammer
Return of the Retro-Avantgarde. Faschistische Ästhetik im Spiegel der “Neuen Rechten”
16:00 – 16:30 Kaffeepause
16:30 – 18:00
Podiumsdiskussion
Moderation: Elke Gaugele, Sarah Held
Jerome Trebing
Carina Klammer
Michael Bonvalot
Emil Peters
18:00 – 18:30 Abendpause
18:30 – 21:00
Screening
Deutsche Pop Zustände
Dokumentation, Deutschland 2015.
Regie: Dietmar Post, Lucía Palacios