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Das Symposium befragt den Begriff der minoritären Allianzen im Kontext zeitgenössischer identitätspolitischer Diskurse. Ist dieses für die Initiative Minderheiten zentrale Konzept heute noch produktiv? Muss es aus Sicht einzelner Communities als paternalistisch abgelehnt werden oder kann es im Sinne von Diversität und einer Politik „der Vielen“ neu gedacht? Sind minoritäre Allianzen vielleicht das Mittel der Wahl zur Bekämpfung antidemokratischer Tendenzen?
Die zweitägige Veranstaltung unterzieht diesen Begriff anhand von zwei Keynote-Lectures und drei Diskussionspanels einer kritischen Betrachtung, in denen aktivistische, theoretische und praktische Positionen miteinander konfrontiert werden.
PROGRAMM
Fr, 11.11.2022, 18.00 – 21.00 Uhr
Begrüßung:
Matthias Beitl (Direktor Volkskundemuseum Wien)
Monika Sommer (Direktorin Haus der Geschichte Österreich)
Cornelia Kogoj und Jessica Beer (Veranstalterinnen, Initiative Minderheiten)
Hakan Gürses: Zum Begriff der minoritären Allianzen
Robel Afeworki Abay: Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen: Intersektionale Diversität zwischen communityübergreifender Widerstandspraxis und neoliberaler Opferkonkurrenz
Debora Antmann: Politik in Widersprüchen - die Bedeutung von Lebensrealitäten in Debatten um Intersektionalität und minoritäre Allianzen
Samstag, 12. November 2022, 11:00 – 19:00 Uhr
11.00 – 12.30 Uhr: Panel 1 „Wer spricht?“
Mit: Muhammet Ali Baş, Ivana Marjanović, Robel Afeworki Abay, Elena Messner
Moderation: Jana Sommeregger
12.30 – 13.00 Uhr: Publikumsdiskussion
13.00 – 14.00 Uhr: Mittagspause
14.00 – 15.30 Uhr: Panel 2 „Allianzen in der Erinnerungspolitik“
Mit: Barbara Staudinger, Simon INOU, Ana Grilc, Sladjana Mirković
Moderation: Cornelia Kogoj
15.30 – 16.00 Uhr: Publikumsdiskussion
16.00 – 16.30 Uhr: Kaffeepause
16.30 – 18.00 Uhr: Panel 3 „Perspektiven minoritärer Allianzen“
Mit: Volker Schönwiese, Andreas Brunner, Hager Abouwada, Samuel Mago
Moderation: Jessica Beer
18.00 – 18.30 Uhr: Publikumsdiskussion
18.30 – 19.00 Uhr: Resümee der Veranstalter*innen
PANELS
Panel 1 „Wer spricht?“
Eine zentrale Ausformung identitätspolitischer Debatten ist die Frage „Wer spricht?“, also die Frage, wer berechtigt („entitled“) ist, aus welcher Perspektive über welche Erfahrungen zu berichten. Der aus der postkolonialen Theorie stammende Vorwurf der „kulturellen Aneignung“ kommt hier genauso ins Spiel wie die „Authentizität“, auf die sich literarische Texte minoritärer Autor*innen oft berufen. Darf jede*r nur über das Eigene sprechen? Und wie lässt sich unter diesen Bedingungen noch Solidarität herstellen? Und wie in Kunst und Literatur auf Fiktionalität und Formalisierung beharren? Und vor allem: Wenn es kein universalistisches Sprechen gibt, in welchem Vokabular findet dann der für jede Demokratie konstitutive Dialog statt?
Panel 2 „Allianzen in der Erinnerungspolitik“
Auch in der Erinnerungspolitik steht die Unvergleichbarkeit singulärer Traumata und ihres statuierten Gedenkens einer Politik gegenüber, die versucht, aus der Gemeinsamkeit von Diskriminierungserfahrungen und Vernichtungsgeschichten ein verbindendes Handeln für eine gegenwärtige antirassistische Praxis abzuleiten. Insbesondere Michael Rothberg argumentiert mit seinem Konzept der „multidirektionalen Erinnerung“ für eine neue Gedenkkultur und fragt, welchen Einfluss postkoloniale Perspektiven auf die Holocaustforschung haben können. Um Erinnerungspolitik aktivistisch fruchtbar zu machen, muss ein Dialog des Gedenkens stattfinden. Andererseits gilt es, sich von relativierenden Diskursen abzugrenzen.
Panel 3 „Perspektiven minoritärer Allianzen“
Das dritte Panel diskutiert schließlich Möglichkeiten der Allianzen-Bildung. Aus dem Ausschluss von Rechten, Macht und Privilegien resultieren zwar geteilte Erfahrungen, dennoch ist ein gemeinsames Vorgehen in der Praxis nicht immer einfach. Hindernisse bilden unter anderem Unterschiede in den historischen Bedingungen, den Ausformungen von Diskriminierung und in der Herangehensweise an politische Kämpfe.
Wann macht es dennoch Sinn, Allianzen zu bilden? Was verspricht man sich von ihnen und was machen erfolgreiche Allianzen aus? Und hat der auf der Gründungskonferenz der Initiative Minderheiten formulierte Satz immer noch Gültigkeit: „Mag sein, dass wir gebündelt langsamer vorankommen, aber so sind wir auch schwerer aufzuhalten“?
TEILNEHMER*INNEN
Hager Abouwarda ist seit mehreren Jahren bei der Muslimischen Jugend Österreich als Jugendarbeiterin und seit 2021 als Pressesprecherin tätig.
Robel Afeworki Abay positioniert sich als afro-deutscher und queer-feministischer Aktivist. Er beschäftigt sich u.a. mit den Themen Rassismus, Intersektionalität, Queer and Disability Studies
Debora Antmann ist politische Bildnerin, Autorin und Kolumnistin mit Schwerpunkt Feminismus und Judentum. Sie arbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Jüdischen Museum Berlin
Muhammet Ali Baş ist Autor, Rapper, Kultur- und Literaturvermittler. 2010 gewann er den ersten deutschsprachig-muslimischen Poetry Slam in Berlin.
Jessica Beer arbeitet als Lektorin und Übersetzerin. 2003 bis 2011 war sie verantwortlich für das Veranstaltungsprogramm der Hauptbücherei, seitdem ist sie Programmleiterin für Literatur im Residenz Verlag.
Andreas Brunner ist seit den späten 1980er-Jahren in der queeren Bewegung Wiens aktiv. Mitbegründer der Regenbogenparade und Co-Leiter von QWIEN – Zentrum für queere Geschichte.
Ana Grilc ist Autorin und Vorstandsmitglied des Slowenischen Student*innenklubs (KSŠŠD) in Wien. 2020 gewann sie den Newcomer-Literaturpreis der Stadt Klagenfurt/Celovec.
Hakan Gürses ist wissenschaftlicher Leiter der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung (ÖGPB). Von 1993 bis 2008 war er Chefredakteur der Zeitschrift Stimme von und für Minderheiten.
Simon INOU ist Journalist, Medienkritiker und Gründer des Vereins zur Förderung interkultureller Medienarbeit M-MEDIA. 2022 erhielt er den Ari Rath-Preis für kritischen Journalismus.
Cornelia Kogoj leitet seit 1998 die Initiative Minderheiten. Co-Kuratorin der Ausstellungen „Gastarbajteri“ (2004), „Romane Thana“ (2015) und „Was wir fordern!“ (2022).
Birge Krondorfer ist politische Philosophin. Sie ist seit den 1980er Jahren in diversen feministischen Initiativen und Organisationen tätig, unter anderem Mitbegründerin der Frauenhetz in Wien.
Samuel Mago ist stellvertretender Präsident der HÖR (Hochschüler*innenschaft österreichischer Roma und Romnja) und Schriftsteller. Er arbeitet als Antirassismustrainer sowie für ORF-Produktionen.
Ivana Marjanović ist Kunsthistorikerin, Autorin und seit 2019 künstlerische Leiterin des KUNSTRAUM INNSBRUCK. Von 2016 bis 2018 gemeinsam mit Nataša Mackuljak künstlerische Leiterin der WienWoche.
Elena Messner ist Kulturwissenschaftlerin und Schriftstellerin, forscht und lehrt an den Universitäten in Wien und in Klagenfurt/Celovec.
Sladjana Mirković ist Mitbegründerin und Vorstandsmitglied der HÖR (Hochschüler*innenschaft österreichischer Roma und Romnja). Seit 2019 als Rom*nja-Aktivistin tätig.
Volker Schönwiese ist seit den 1970er Jahren Aktivist der Behindertenbewegung. Er lehrte von 1983 bis 2013 an der Universität Innsbruck Inklusive Pädagogik und Disability Studies.
Jana Sommeregger Germanistin, Lehrerin und Literaturvermittlerin. Sie ist Alumna von Teach For Austria und engagiert sich im Bereich Mehrsprachigkeit und Bildungsgerechtigkeit.
Barbara Staudinger leitet seit Juli 2022 das Jüdische Museum Wien. Von 1998 bis 2013 war sie am Institut für jüdische Geschichte Österreichs in St. Pölten tätig.
Inhaltliche Konzeption: Jessica Beer und Cornelia Kogoj
Eine Veranstaltung der Initiative Minderheiten in Kooperation mit dem Haus der Geschichte Österreich (hgdö) und dem Volkskundemuseum Wien
Gefördert aus Mitteln des BMBWF und der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung (ÖGPB)
