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Was ist und was will der Postanarchismus? Event
Veranstaltung mit Jens Kastner
Mi. 14.03. 20:00 Politdiskubeisl
“Postanarchismus?”, scherzte ein befreundeter Traditionsanarchist, dabei könne es ja letztlich um nichts anderes gehen als um anarchosyndikalistisch organisierte BriefträgerInnen. Doch er lag
falsch.
Die Angst, mit der Vorsilbe “Post-” alle Errungenschaften des sich daran Anschließenden für endgültig vorüber und die damit verbundenen Ansprüche für überholt zu erklären, hatte auch schon die Debatte um die Postmoderne geprägt. Allerdings verweist das Präfix, ähnlich wie bei postmoderner Philosophie oder postkolonialer Kritik, keinesfalls auf ein für alle mal Vergangenes. Es geht um Revisionen,
Erneuerungen, um Brüche, aber auch um Kontinuitäten.
Die Debatte um den Postanarchismus hat im deutschsprachigen Raum kaum begonnen. Dabei sind die Menschen- und Weltbilder, die in den
klassischen Texten des Anarchismus vertreten werden, oft nicht mehr anschlussfähig an heutige Theorie und Praxis. Herrschaft organisiert
sich im postfordistischen Kapitalismus anders als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als ein großer Teil dieser Texte geschrieben wurde, und auch anders als zu Zeiten der Spanischen
Revolution (1936), als der Anarchismus sich erstmals in einer modernen Industriegesellschaft als Massenphänomen kurzzeitig durchsetzen
konnte. Nach dem Wiederaufleben libertärer Ansätze um 1968 (“Neoanarchismus”), das bereits eine Abkehr von der Konzentration auf
Klassenkämpfe war, lag die anarchistische Theorieentwicklungen lange Zeit brach (von wenigen Ausnahmen selbstverständlich abgesehen).
In Reaktion auf die gesellschaftlichen und politischen Veränderungen des Postfordismus, oder der neoliberalen Ära, haben einige TheoretikerInnen versucht, anarchistische Ideen an
poststrukturalistische, postkoloniale, postoperaistische und (post)feministische Diskurse anzuschließen. Die Infragestellungen des Subjekts der Aufklärung und kollektiver Identitäten halten die postanarchistischen DenkerInnen jedoch nicht davon ab, sich nach wie vor um radikale politische Praxis zu bemühen.