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"Das Selbstverständliche tun" - Maria Prieler-Woldan Event
“Lebenssorge fängt dort an, wo eineR sich selbst Mitgefühl erlaubt, obwohl
es von einem totalitären Regime verboten ist (…) Der Blick der Liebe im
weitesten Sinn gilt einem Individuum, (…) - auch wenn ihn oder sie eine
willkürlich gesetzte Norm als minderen Menschen definiert, dem kein
Ansehen, keine Sorge und Fürsorge zusteht - und auch keine Sorglosigkeit:
keine Freizeit, kein Fest und (…), kein sexuelles Glück, kein Leben, kein Überleben.” M. P.-W.
Die 53-jährige Witwe, Bergbäuerin, Mutter und Pflegemutter Maria Etzer wird 1943 bei der Gestapo denunziert. Sie sei männersüchtig, vernachlässige ihre Wirtschaft und unterhalte ein intimes Verhältnis zu drei Kriegsgefangenen. Maria Etzer wird wegen “verbotenen Umgangs” mit Kriegsgefangenen zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Wer hat sie denunziert? Ein Nachbar oder gar jemand aus der Familie?
Nach ihrer Entlassung 1945 konnte sie jahrelang nicht in ihren Heimatort zurückkehren. Die katholische Bergbäuerin und Hitlergegnerin bemühte sich nach Kriegsende erfolglos um eine Opferfürsorgerente: Der bei ihr eingesetzte Kriegsgefangene sei ein fleißiger und williger Arbeiter gewesen, und so habe sie ihn auch behandelt. Die “Schande” blieb jedoch an ihr haften, bis heute - wie auch an anderen Frauen aus dem Salzburgerland, die gleichen Vorwürfen ausgesetzt waren.
Aus Erinnerungen der Enkelgeneration und Akten von Zuchthaus und Opferfürsorge wird das Schicksal Maria Etzers nachgezeichnet.
Das Buch entwirft dabei ein neues Konzept von weiblichem Widerstand als “Lebenssorge” und rückt eine bislang kaum untersuchte Opfergruppe des Nationalsozialismus, die noch auf Rehabilitierung wartet, in den Fokus.
“Detailreich werden Verrat und Verfolgung durch den Nationalsozialismus beschrieben und dieser Fall mit ähnlichen, anderen ,Bettpolitischen’ verglichen. Allzu lange waren nicht nur staatliche Behörden, sondern auch die Wissenschaft blind: Erst 2001 taucht das Thema der ,Geschlechtsverbrechen’ am Österreichischen Zeitgeschichtetag auf.”
Augustin, 456, April 2018
Die Autorinnen sind anwesend.