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Zur Ausstellung head in the closet
Der kunstraum BERNSTEINER zeigt in der Ausstellung head in the closet drei medial sehr
unterschiedlich gestaltete Arbeiten der Künstlerin Sofia Goscinski: Im großen Ausstellungsraum
ist die Text- und Bildinstallation XXX zu sehen, die sich mit der Begriffswelt der Pornografie und
ihren Wirkungsweisen auseinandersetzt. Die zweite, titelgebende Installation head in the closet
ist eine auf Interaktion ausgelegte Rauminstallation aus zwei Toilettenschüsseln, die die Besu-
cherInnen zur „Benützung“ einlädt.
Erstmals seit der Eröffnung des kunstraum BERNSTEINER wird auch ein gegenüberliegender
Raum im Hofensemble der früheren Werkstatt bespielt. In der aus drei Teilen bestehenden
Videoarbeit I love you spricht eine Person (Sofia Goscinski) die drei Wörter „I love you“ in einer
Art Endlosschleife aus, sodass diese sich nach und nach zerlegen und der Sinn des Satzes
dekonstruiert wird.
Sofia Goscinski beschäftigt sich mit Erfahrungswirklichkeiten und mentalen Grenzsituationen,
die ihr als formale und inhaltliche Experimentierfelder dienen. Goscinski arbeitet in verschie-
densten künstlerischen Medien, von Grafik, Text, Video, Foto bis hin zu Installationen und Per-
formances. Zuletzt waren Arbeiten auf Fotopapier unter dem Titel disorders, in der sie mentale
Störungen thematisiert, in der Kunsthalle Wien zu sehen, sowie die Rauminstallation Rejection
im Ve.Sch, die sie am Eröffnungsabend mit einer Performance bespielte.
In Sofia Goscinskis Videoarbeit „I love you“ wird das Gesicht der Künstlerin auf drei Screens projiziert. Der Satz „I love you“ wird zerlegt. In drei Teile. Jedes einzelne Wort wird wiederholt bis der Mund trocken ist, die Zunge nicht mehr mitspielt, bis die Worte sich nur mehr mit Mühe artikulieren lassen, kaum mehr verständlich sind, die Schmerzgrenze erreicht ist.
Ohne Peripetie wird schließlich ein Wort nach dem anderen weggelassen, wird das unvermeidliche Verstummen angesteuert. Es entsteht der Eindruck von Unentrinnbarkeit, ein Sog der einen mitnimmt - mit einer Kraft der man sich nicht entziehen kann und die einem die Luft zum Atmen nimmt. Hier wird wie beiläufig, durch das Gefühl der Fragilität attackiert und einem auf den Leib gerückt, die Substanz berührt. Das Unbehagen wächst von Sekunde zu Sekunde, wie bei dem von Freud beschriebenen Phänomen des Unheimlichen, lassen einen hier die eigentlich so vertrauten und heimlichen Worte „I love you“, erschauern. Es herrscht doch das Schmerzhafte, These und Korrektiv.
Das irritierende Moment ist groß, die scheinbare Intimität täuscht, was man zu fassen glaubt entzieht sich einem letzten Endes doch und hinterher bleibt eine verunsichernde Leere.
An die Grenze zwischen Vertrautem und Verwandeltem führt auch „head in the closet“. Zwei Klomuscheln, sitzt man auf der Einen, hat man den Kopf in der Zweiten, die verkehrt darüber an der Wand hängt. Rückzug, ein Absorbieren, ein Verschwinden… doch ein Sich-Einrichten ist nicht möglich. Das Gefühl oszilliert zwischen Komik und Ekel. Hermetisch abgeschlossen, mit dem Kopf in der Klomuschel, obwohl man doch aufrecht sitzt. Das Denken könnte eigentlich aufhören, man glaubt sich am Ort der Unkenntnis, einem Nicht-Ort, wartet auf die Auslöschung. Aber auch diesem Gefühl ist nicht zu trauen, man ist außerhalb der Eindeutigkeiten und doch nur auf sich selbst zurückgeworfen.
„XXX“ besteht aus 375 gleichgroßen Spiegeln, die nebeneinander angebracht eine große Fläche bilden. In jeden Spiegel ist ein Wort, entnommen Beschreibungen von Pornoseiten aus dem Internet, eingraviert. Lesbar sind die Worte erst wenn man nahe herantritt, es kommt zu einer semantischen Überlagerung, ein doppelter Boden, denn in den Spiegeln sieht man dabei auch das eigene gebrochene Spiegelbild. Der Körper zerfällt in Fragmente, bildet verzerrt wieder ein Ganzes.
Klinisch, steril erscheinen die Begriffe, herausgelöst aus dem Kontext des Obszönen und in eine strenge, Klarheit schaffende Form gebracht. Die Präsenz des Bildlichen in der Pornografie ist hier nicht existent, die Anwesenheit der Bilder ist durch ihre Abwesenheit dargestellt.
Die Begriffe suggerieren nicht so sehr Konsumation der Leiber oder exponierte Körper, sondern eher eine schier unglaubliche Vielzahl an Sexpraktiken und Fetische des Menschen.
Kunst wider die Harmlosigkeit.
Gisela Håkanson
