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"Die weitesten werden mich beachten, entferntere werden mich anschauen" Event
“Die weitesten werden mich beachten, entferntere werden mich anschauen”
Datum | 12.06.2010, 10.00 h - 19.00 h
Ort | Akademie der bildenden Künste Wien, Schillerplatz 3, 1010 Wien, Raum M13
Forschungs- und Gedenktagung zu Ehren von Egon Schiele anläßlich seines 120. Geburtstages am 12.6.2010. Teilnehmer_innen: Edelbert Köb, Ursula Storch, Romana Schuler, Eva Werth, Monika Knofler, Katalin Rumpler, Elisabeth von Samsonow
“Die weitesten werden mich beachten, entferntere werden mich anschauen”
Vor etwa einhundert Jahren (1909) hat Egon Schiele - gewiß einer der bedeutendsten Studierenden der Akademie der bildenden Künste - mit seinen Studienfreunden in der Neukunstgruppe die Akademie der bildenden Künste in subversiver Absicht verlassen. Von diesem Augenblick an haben Werk und Habitus des Künstlers nicht nachgelassen, das Interesse der Kunstwelt auf sich zu ziehen. Er gilt neben Klimt und Kokoschka als einer der wichtigsten österreichischen Künstler von inzwischen beeindruckender internationaler Reputation. Trotz dieser so exzellenten Position, die Schiele im Feld der Moderne bzw. des beginnenden 20. Jahrhunderts einnimmt, steht eine seiner Bedeutung gerecht werdende Forschung - auch wenn man in den letzten Jahren substanzielle Versuche unternommen hat, in dieser Hinsicht aufzuholen - noch aus. Die kaum mehr zu überschauenden Schriften zu Schiele legen ihren Schwerpunkt immer noch beinahe ausnahmslos auf die mantra-artig wiederholte und kommentierte (kurze, aber spektakuläre) Biographie des Künstlers und blenden den internationalen Horizont der Bewegung, in die sich Schiele zum Teil selbst einordnet, aus. Das mag mit dem Umstand in Verbindung zu bringen sein, daß die Präsentation von Schiele weitgehend von Sammlern und Händlern kontrolliert wird, die in nur sehr geringem Umfang selbst forschen. In den letzten zwanzig Jahren wurden viel beachtete und interessante Forschungslinien zum Fin de Siècle verfolgt, denen gegenüber die Kunstgeschichte oder Kunstwissenschaft zweifellos Aufholbedarf hat. Die Fin-de-Siècle-Forschung liefert wertvolles Material und Hypothesen, mit dessen Hilfe die Literatur, das Theater, der Tanz, die Philosophie, die Physik und die Naturwissenschaften re-evaluiert werden konnten, doch die Kunst Schieles und Klimts wird immer noch zu sehr als bloß lokales Phänomen des Jahrhundertwende-Wiens betrachtet.
Die Tagung soll eine entsprechende Forschung und Diskussion wieder in Gang bringen, indem sie die interdisziplinären Verbindungen zwischen Kunst, Literatur, Wissenschaft und Medien um die Jahrhundertwende, sofern sie für Schiele relevant gewesen sind, thematisiert, und zwar so, dass der spektakuläre avantgardistische Bonus, der dem Wiener Künstler in diesem Zusammenhang zweifelsohne zuzubilligen ist, erst wirklich sichtbar wird. Ferner soll, in Vermeidung der geläufigen ausschließlichen Historisierung, gefragt werden, inwiefern sich die gegenwärtige Kultur als Fortsetzung und Folge dieses turn of the century verstehen lässt. Ist nicht die Popkultur in den späten sechziger und siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts so etwas wie eine Reprise und Realisierung der Ästhetik der Wiener “neuromantischen” Avantgarde? Gehören wir selbst nicht eigentlich auch zu diesem Kontinuum?
Programm
10:00 Begrüßung durch Elisabeth von Samsonow anschließend Eröffnung durch Frau Bundesministerin Beatrix Karl
10:45 Edelbert Köb (MUMOK): Sabarskys Schiele falsch?
12:00 Ursula Storch (Wien Museum): “Was ist mit den Javanischen Schattenfiguren?” Ein Werkstattbericht aus dem Nachlaß Egon Schieles
13:15 Gemeinsames Mittagessen in der Mensa
14:30 Romana Schuler: Das Phänomen des Doppelgängers. Von Schiele zu Facebook
15:45 Eva Werth: Schieles Blick nach Innen. “Seher” (Rimbaud) der “inneren Erfahrung” (Bataille)?
16:00 Kaffeepause
17:00 Monika Knofler (Kupferstichkabinet, Akademie der bildenden Künste): Zum Bestand und zur Provenienz der Schiele-Blätter im Kupferstichkabinett
18:00 Katalin Rumpler (Wien Museum): “Kleinbürgerlich, ohne Beziehung zu den Künsten” und zur Vielfalt in ihm selbst? Neue genealogische Bausteine zu Egon Schiele mit Berücksichtigung des formenden Umfeldes
19:00 Elisabeth von Samsonow: Schiele und Nijinski. Moderne Körperkonzepte und die Ursprünge der Popkultur
Anschließend Buchpräsentation (in Zusammenarbeit mit dem Passagen Verlag): Elisabeth von Samsonow, Egon Schiele. Ich bin die Vielen, Passagen Verlag Wien 2010, und gemeinsames Abendessen in der Mensa