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Wissensgeschichte - Wissenskulturen - Wissensgesellschaften Event
11.-12.6.
Graduiertentagung “Wissensgeschichte - Wissenskulturen - Wissensgesellschaften”
Seit ungefähr zwei Jahrzehnten gehört die Wissens- und Wissenschaftsgeschichte international und auch im deutschsprachigen Raum zu den am meisten beachteten Feldern historischer Forschung. Maßgebliche Impulse gingen von Thomas S. Kuhns Konzept des Paradigmas aus, von Ludwik Flecks Überlegungen zu Denkstilen bzw. -kollektiven, von Gaston Bachelards Thematisierung der Erkenntnishindernisse, von Georges Canguilhem, der eine philosophische Geschichte der Lebenswissenschaften unternahm, und von Michel Foucaults Archäologie der Wissenssysteme.
Die neuere Wissens- und Wissenschaftsgeschichte hat seither eine Vielzahl von Ansätzen hervorgebracht. Sie nimmt soziale Praktiken bei der Herstellung wissenschaftlichen Wissens genauso in den Blick wie den Anteil von Apparaten und Instrumenten bei der Wissensgenerierung oder die evidenzschaffende Kraft der Verdatung und Visualisierung. In Frage gestellt werden besonders auch die epistemischen Kategorien, die das wissenschaftliche Denken und die Erklärungsverfahren wissenschaftlicher Rationalität bestimmen - also jene Formen, mit denen Beweise, Evidenz oder Objektivität erzeugt werden.
Sozialkonstruktivistische, diskursanalytische sowie kultur- und medienwissenschaftliche Arbeiten sind neben ,traditionelle’ institutionen- und ideengeschichtliche Forschungen getreten. Derzeit noch größeren Einfluss haben jedoch Ansätze, die in Anlehnung an Hansjörg Rheinberger Experimentalsysteme thematisieren; und im Gefolge von Bruno Latours Akteur- Netzwerk-Theorie werden sogar Dinge als handelnde Akteure bei der Wissensschöpfung diskutiert. Plurale Modi wissens- und wissenschaftshistorischer Forschung verlangen nach einer selbstreflexiven und komparativen Debatte. Es gilt sich mit den Prämissen, Biases und blinden Flecken des jeweiligen Ansatzes auseinanderzusetzen. Die Tagung wird diese Diskussion zwischen den wissenschaftshistorischen Standorten Wien und Zürich führen. Sie wird Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten in Themen und Fragestellungen herausarbeiten. Das betrifft die wissens- und wissenschaftstheoretischen und -historischen Konzepte, die implizit oder explizit unterlegt werden; außerdem die auf diese Weise generierten Untersuchungsgegenstände und mit ihnen die Daten- bzw. Quellenkorpora, die Forschungsmethoden und -techniken.
9:00-9:15
Begrüßung durch Dekan Michael Viktor Schwarz
9:15-10:45 Wissen repräsentieren
- Katja Mayer (Wien): Ima(gi)ning Networks. Zur Visualisie- rungsgeschichte von sozialen Netzwerken
- Fanny Billod (Wien): Topographie, Statistik, Territorium und Wirtschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der öster- reichischen Monarchie
Moderation: Maurice Erb (Zürich)
Kommentar: Philipp Sarasin (Zürich)
10:45-11:00 Kaffeepause
11:00-12:30 Eugenik und Humangenetik
- Pascal Germann (Zürich): Humangenetik und Rassenhygiene in der Schweiz, 1920-1960
- Thomas Mayer (Wien): Eugenische Netzwerke in Österreich, 1945-1980
Kommentar: Mitchell Ash (Wien)
Moderation: Sibylle Marti (Zürich)
12:30-14:00 Mittagspause
14:00-15:30 Körperformationen
- Martin Viehhauser (Zürich): Bildung und die Unregelmässigkeit des Herzens. Zur Hervorbringung des Körpers durch éducation sentimentale am Beispiel von Männlichkeiten in gross- städtischen Wissenskulturen um 1900
- UlrichKoch(Zürich):BildervonUnaussprechlichem. Repräsentation in der Traumaforschung
Kommentar: Franz X. Eder (Wien)
Moderation: Svenja Matusall (Zürich)
15:30-16:00 Kaffeepause
16:00-17:30 Sammeln als Wissen
- Anna Joss (Zürich): Geschichte sammeln - und wegwerfen. Die Sammlungspraxis des Schweizerischen Landesmuseums nach 1900
- Tobias Scheidegger (Zürich): Populäre naturkundliche Sammlungspraktiken im ausgehenden 19. Jahrhundert zwischen Amateurwissenschaft, ,,heimatlicher” Naturerfahrung und bürgerlicher Freizeitkultur
Kommentar: Josef Ehmer (Wien) Moderation:
Andrea Brait (Wien)