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Gesegnet sei mein Leib - Kunst als Egokirche Event
PODIUMSDISKUSSION
mit Robert Pfaller (Philosoph), Joachim Meyerhoff (Schauspieler), Doris Knecht (Kolumnistin), Ewald Palmetshofer (Autor) und Tobi Müller (Journalist)
am 29. Jänner, 20 Uhr, bei freiem Eintritt *
* aufgrund des eingeschränkten Platzkontingents im Nachbarhaus
bitten wir Sie unter 317 01 01-18 oder karten@schauspielhaus.at zu reservieren.
Das Spielzeitprojekt Die X Gebote beschäftigt sich mit den Zehn Geboten in zehn Stücken. Daran schließt Gesegnet sei mein Leib - Kunst als Egokirche lose an. Wenn wir heute den Begriff der Verantwortung als Kern der Zehn Gebote anschauen, so blickt uns vor allem die ,,Selbst-Verantwortung” entgegen. Das Verschwinden der großen Erzählungen, wovon die Religion vielen die vertrauteste war, schafft die Regelwerke nicht ab, sondern verschiebt die Gesetze bloß woanders hin: zum Einzelnen. Jeder seine eigene Krankenkasse. Jeder sein eigener Staat?
Folgen wir dem Soziologen Richard Sennett, so wird das öffentliche Leben von kleinteiligen Gemeinschaften verdrängt. Sennett beobachtete die gesellschaftliche Verstreuung gut zwei Jahrzehnte vor dem Durchbruch des Internets, dieser gigantischen Kirche der Spezialinteressen. Je virtueller das Leben, desto wirklicher muss die Kunst auftreten. Sie reagiert unter anderem mit einem forcierten Realitätsbegriff. Sie lenkt den Blick auf den Laien und Nachbarn, sie kopiert auch Castings und Porno. Die Kunst reagiert oft nicht anders als der Konsument, der seine eigenen Vorlieben im Netz laufend bestätigen will: mit Narzissmus. “Gesegnet sei mein Leib - Kunst als Egokirche” diskutiert solche Fragen anhand von Vorträgen, einer anschließenden Diskussionsrunde und performativen Formaten (kuratiert vom Journalisten TOBI MÜLLER, Berlin).
Den Eröffnungsvortrag hält der österreichische Kulturwissenschaftler ROBERT PFALLER, einer der wichtigsten Autoren aktueller Kulturdiagnostik. Pfaller versteht den gesellschaftlichen Narzissmus nicht als Ausdruck genüsslich-anarchischer Versautheit, sondern entlarvt ihn als Teil einer autoritären Kulturproduktion. Und Pfaller erklärt auch, warum wir keine Probleme mit Kruzifixen in Klassenzimmern haben, aber umso größere mit Rauchern auf dem Gang. Danach erklärt der Schauspieler JOACHIM MEYERHOFF (Burgtheater Wien), warum der Einsatz des eigenen Körpers und der eigenen Biografie nicht gleich mit einem narzisstischen Krankheitsbild verwechselt werden sollte. Niemand weiß das besser als Meyerhoff selbst, aufgewachsen als Arztsohn auf dem Gelände einer psychiatrischen Klinik. Mit der Kolumnistin und Musikkennerin DORIS KNECHT hört sich Tobi Müller anschließend Pop- und andere Platten an. Knecht und Müller besprechen Popmusik unter dem Gesichtspunkt des Narzissmus, aber auch der Selbstbezüglichkeit, die unter dem Begriff des ,,Retro” die Popwelt eisern regiert. Die Produktion aktueller Theaterstücke kennt allerdings ähnliche Probleme. Gerade der junge Theatertext ächzt oft unter der Last, authentische Nachrichten einer Generation liefern zu müssen. Das Schauspielhaus setzt diesem Marktbefehl mehr Eigensinn entgegen.