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Vortrag: Wieso„ Weshalb“ Warum„ Macht die Schule dumm“ Event

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Dienstag
27. März
2018
ab
19:45
Uhr
Universität Wien
Universtiätsring 1
1010 Wien
- Uni Wien Dr.-Karl-Lueger-Ring 1010 Wien HS 32
Öffentlichkeit Vortrag

GegenStandpunkt & Diskussion

,,Wieso? Weshalb? Warum? Macht die Schule dumm?”

Prof. Freerk Huisken (Bremen)

Ausbildung macht dumm. Das steht nicht für ein Versagen von Schule und Universität, sondern das gehört zu den Auf­trägen des hiesigen Bildungssystems. Dummheit, was ist das? Es fällt nicht unter Dummheit, wenn man die neue Rechtschreibung nicht be­herrscht, nur schlecht lesen und rechnen kann, die Nebenflüsse der Donau, die chemische For­mel von Blei nicht kennt oder von Feuerbach noch nie etwas gehört hat. Das ist fehlendes Wissen, das kann man sich aneignen. Besser: das könnte man sich aneignen, wenn das Schulwesen tatsächlich das Anliegen verfolgen würde, den Nachwuchs solide in die ,,Kulturtechniken” einzuführen und ihm gediegenes Wissen über Natur und Gesellschaft zu vermitteln. Tut es aber nicht. Nicht erst seit PISA weiß jedermann, dass die Vermittlung von Wissen und Kenntnissen so sparsam erfolgt, dass eine Mehrheit der Schüler frühzeitig für die unteren Regionen der Berufshierarchie oder gleich ins Heer der Arbeitslosen aussortiert und ein erheblicher Prozentsatz von ihnen zu den ,,funktionalen Analphabeten” ge­rechnet wird. Wie das Schulwesen diese Re­sultat zustande bringt, in wechem der gesamte Nachwuchs immerhin 10 und mehr Jahre beschult wird, halbtäg­lich mit Schulweisheit traktiert und auch am Nachmittag nicht in Ruhe gelassen wird, das ist schon eine Überlegung wert. Es handelt sich um eine starke Leistung, wenn das Bildungswesen den Lernstoff, den man sich mit gutem Willen und einiger Konzentration leicht in einem Jahr aneignen könnte, einem großen Teil der Heranwachsenden nicht einmal in der Pflichtschulzeit vermitteln kann! Schule macht also nicht nur dumm, sie konser­viert auch Unwissenheit!

Dummheit ist dagegen nicht das, was man nicht lernt. Unter Dummheit fällt vielmehr ziemlich viel von dem was man lernt, und zwar als Hauptschüler wie als Gymnasiast und als Student. Es fällt darunter die Ausstat­tung der Jugend mit einer Fülle falscher Urteile über Gott und die Welt. Das liegt nicht daran, dass sich Schulbuchverfasser und Lehrer ein­fach nur irren, wenn sie die Schüler mit ihren Lehren über Demokratie und Faschismus, über Geld und Markt, über Fa­milie und Staat traktieren. Das tun sie auch. Aber das trifft nicht die Sache. Dafür sind die Dummheiten viel zu resistent gegen Argumente und haben bereits zu viele Jahrzehnte in Schulbüchern überdauert. Die frühzeitige An­eignung einer gehörigen Portion Dummheit braucht es vielmehr für die geistige Ausstattung der Heranwachsenden. Gefordert ist sie für Leistungen, die mündige Bürger ständig zu erbringen haben: nämlich für die freiwillige Unterordnung unter alle Zwänge und Sachzwänge dieser Gesellschaft. Zu den Dummheiten ge­hört z.B. die Einbildung, Schule und Uni, Arbeits­markt und die Berufswelt seien irgendwie schon dafür geschaffen, dass man mit einigen Anstrengungen seine frei ge­wählten Interessen verwirklichen kann. Hierbei handelt sich sogar um eine ausgesprochen fundamentale Dumm­heit. Dabei kann nicht bestritten werden, dass sich hierzulande jedermann seine ganz eigenen Lebensziele zurechtlegen kann. Auch besteht das Fehlurteil nicht darin, dass man ohne Anstrengung zu nichts kommt. Allerdings müssen Schulabsol­venten mehrheitlich immer wieder feststellen, dass sich mit der Anstrengung weder Schulerfolg noch die Verwirkli­chung der Le­benswünsche so ohne Weiteres einstellen. Ein Wunder ist das nicht, wo doch Anstrengung in allen ent­scheidenden Le­bensbereichen als Konkurrenz organisiert ist, in der mit Notwendigkeit immer wenige Sieger und viele Ver­lierer herauskommen. Aber eine Gemeinheit ist das schon. Und erst recht ist es eine arge Gemeinheit, wenn dem Nachwuchs dieses bürgerliche Glücksversprechen, demzufolge jeder seines Glückes Schmied sei, eingeredet wird, ohne dabei auf die alles entscheidende Bedingung für jeden Erfolg entsprechendes Gewicht zu legen: Es ist nämlich über Er­folg und Misserfolg in jeder der eingerichteten Konkurrenzveranstaltungen ziemlich viel entschieden, bevor es mit dem Leistungsvergleich überhaupt losgeht. Warum landet wohl mit unschöner Regelmäßigkeit die Mehrzahl der Kinder von armen Leuten immer wieder in der gesellschaftlichen Schicht oder Klasse, aus der sie kommen? Wen treffen Studien­kosten und -gebühren wohl am härtesten? Und warum müssen immer wieder dieselben armen Schlucker - ‘einkom­mensabhängige Arbeitnehmer’ heißen sie vor­nehm - um den Dienst in Kapitalgesellschaften konkurrieren, ohne je auf einen grünen Zweig zu kom­men? Deswegen gehört zu den Dummheiten, die man lernen soll, auch die Ausstattung des Verstandes mit lauter falschen Urteilen über die Gründe, warum das mit Karriere und Selbstverwirklichung so häufig nicht klappt. Dummheit ist also - zusammengefasst - die Summe parteilichen Denkens, mit der der erzogene Mensch es fertig bringt, alle politischen und ökonomischen Beschränkungen seiner Interessen zu verarbeiten und dabei brav zu bleiben.

So geht Erziehung in der Gesellschaft, die sich rühmt, eine Wissensgesellschaft zu sein. Übrigens durchaus zu recht. Und durchaus im Einklang mit dem Befund, dass Schule dumm macht.

 
Archiv-Screenshot:

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