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rewind

ein festival der pataphysik: der gewaltige furz des geistes Event

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Von Freitag
23. Februar
2024
bis Samstag
24. Februar
2024
20:00
Darstellende Kunst Literatur Lesung Performance

lecture | lesungen | perfomances | musik
ZU GAST IM SCHAUSPIELHAUS

kuratiert und moderiert von fritz ostermayer

am 23. und 24. februar 2024, beginn jeweils 20 uhr
im schauspielhaus, porzellangasse 19, 1090 wien

eine kooperation von schule für dichtung und schauspielhaus wien
das kammerorchester der pataphysischen gesellschaft (wien) – musik
gegründet 2022, bekannt auch als “klangerotische ponygarde der pataphysischen kirtagswitwen” ist ein der legendären portsmouth sinfonia nachempfundener klangkörper, in dem sich professionelle musikerinnen, beherzte amateure und musikalische nieten gute nacht sagen. eine einzige probe sollte reichen (nutzt eh nix), um das festival mit einer feierlichen ouvertüre zu eröffnen. nervenstarker künstlerischer leiter des haufens: clemens wenger.

johannes ullmaier (mainz) – einführungsreferat
wenn es jemanden gibt, der im siebenten kreis der hölle die oberfläche gottes berechnen kann (nachdem er bereits im zweiten kreis jean baudrillard als pataphysischen hochstapler entlarvt hat), dann ist das unser mann für alles: johannes ullmaier, denker in spiralen und wirbeln und seit jahren hochkantiger eröffnungsredner unserer festivals. wir gehen davon aus, dass wir nach dr. ullmaiers paralipomena zur theorie und praxis der pataphysik alles verstehen werden. oder gar nichts mehr.

raphaela edelbauer und simon goritschnig (wien) – performance
zum zwecke der realisierung größenwahnsinniger und absurdistischer projekte gründete die genialische autorin und verrückte hochleistungssportlerin raphaela edelbauer 2022 gemeinsam mit dem kongenialischen kulturwissenschaftler und lektor simon nagy die pataphysische gesellschaft wien. als basisdemokratische gemeinschaft von menschen, tieren und pflanzen, ausgestattet mit der “tatkraft eines hebekrans” und der “leichtigkeit eines brennenden zeppelins”. einst schoss der umtriebigen beim powernapping gar die “weltformel” ein, leider kam sie seither nicht mehr aus ihr raus. mit einem anderen simon – dem zeichner goritschnig! – revolutionierte edelbauer soeben das wahrsagen mit noch nie gesehenen tarotkarten. man darf also auch auf ein pataphysisches in-die-zukunft-blicken hoffen. mindestens.

orhan kipcak (graz) – lesung
finnophil bis zur autofinnisierung und surfmusic-närrisch wie pamela anderson in ihren baywatch-zeiten fand der architekt, bühnenbildner, professor für media design, univ.-lekt. am institut für sprachkunst etc. etc. erst spät den weg zum praktizierenden pataphysiker. seither aber strömen aus dem vielfach erleuchteten texte von bestürzender anmut, die sich durch zeichnerisches zutun von norbert gmeindl zu kleinen monumenten unzeitgemäßer barockheit fügen. und das in heftchenförmiger gestalt italienischer fumetti! unique selling points der von der wiener kunst-, theorie-, und bastelneigungsgruppe monochrom verlegten und stetig wachsenden reihe aus dem plotlexikon (a – z): “atmosphärische handlungen, wenig psychologie, kein innenleben”. klingt fast wie eine subsubsub-definition pataphysischer dichtkunst.

der täubling (derzeit nrw) – musik & performance
der stets mit einer hasenmaske kostümierte rapper gilt den einen als burlesker titan der misanthropie, den anderen als verrückt gewordener bildungsbürger, unsereiner aber als die erfolgreiche kernfusion von père ubu und dem narrensaum eines hieronymus bosch. des täublings wirklichkeit ist die einer verkehrten welt, in der groteske körper zur norm geworden sind. mit dem gemeinen deutschen hiphop verbindet den täubling allein die tourettesyndromige lust am schimpfen und dissen, ansonsten fällt dieser ‘sohn einer ziege’ aus allen rahmen und also direkt in die feisten arme von mutter ubu. dass diesem rappenden rumpelstilzchen bis zu seiner verpflichtung als festivalteilnehmer noch nie das wort pataphysik untergekommen ist, adelt den täubling zum ‘wahren pataphysiker’ im sinne jarrys, denn ein solcher sei sich “seiner pataphysischen natur überhaupt nicht bewusst”. trigger warning: bei täubling-auftritten kann es zu sektduschen kommen.

samstag, 24.2.2024, beginn: 20 uhr

club hantologie (peter brandlmayr, jürgen berlakovich, featuring gastdrummer july skone) (wien) – musik & theorie-performance
der wiener privatgelehrte und peter brandlmayr verfasst die umfangreichsten und theorieträchtigsten abhandlungen zur politischen und gesellschaftlichen nutzbarmachung der pataphysik. die texte sind von einer dermaßen stupenden komplexität, dass nur ein johannes ullmaier (siehe oben) sie zu durchschauen vermag. das pataphysische fußvolk ist dem gelehrten daher sehr dankbar, wenn er sein unfassbares gedankengebäude ein wenig einreißt und so – pataphysik for dummies? – popularisiert. z.b. in form einer philosophisch-musikalischen performance im verbund mit dem autor und musiker jürgen berlakovich und dem jsb-trio. ob wir nach diesem quasi ‘bunten abend’ aus text, musik und visuals wissen, was es mit der ‘hantologie’ auf sich hat? wir können es nur hoffen.

johanna sebauer (hamburg) – lesung
schon beim ersten festival der pataphysik im jahr 2013 spielte der burgenländische seewinkel eine prominente rolle, las doch der grazer autor klaus hoffer aus seinem in dieser region angesiedelten pataphysischen großtat, dem jahrhundertroman bei den bieresch. in ebendieser region liegt auch das dorf nincshof, handlungsträger des gleichnamigen großartigen romandebuts der gebürtigen burgenländerin. johanna – der schreiber dieser zeilen darf sie beim vornamen nennen, kennt er sie doch schon seit ihrer geburt – ist pataphysisch ‘vorbelastet’. ihr vater wolfgang weisgram war vor unzeiten gemeinsam mit dem berühmten berliner pataphysiker klaus ferentschik und dem … äh: schreiber dieser zeilen herausgeber der ersten deutschen pataphysischen zeitschrift der pfuinanzsack, deren druck leider bereits nach der ersten ausgabe wieder eingestellt werden musste. wegen exzessiver trinkfreude der redaktion. hauptsache aber, tochter johanna trägt die fackel würdig weiter.

ulrike sterblich (berlin) – lesung
unser ehrenpreis für den ‘undeutschesten’ roman 2023 geht eindeutig an drifter von ulrike sterblich. dass es sich dabei auch um den ‘französischsten’ handelt, wissen ergebene pataphysikerinnen, denen namen wie raymond queneau, georges perec oder hervé le tellier auf der zunge zergehen. drifter liest sich wie ein moderner großer wurf aus der “werkstatt für potentielle literatur”, im französischen original: oulipo – “l‘ouvroir de littérature potentielle”. man kann diesen genretranszendierenden, surrealistischen, komischen sowie berührenden roman aber auch als beleg einer der pataphysik kaum zugeschriebenen eigenschaft sehen: ulrike sterblichs text ist nämlich auch unglaublich ‘charmant’, also “durch liebenswürdigkeit bezaubernd”, ein kompliment von höchster seltenheit im abstrusen wahnwitz des pataphysischen. im übrigen beehrt ulrike sterblich uns bereits zum zweiten mal, sie war als legendäres supatopcheckerbunny auch gast unseres 2015er festivals “quo vadis bodypainting”.

mara mattuschka und tex rubinowitz (wien) – gespräch, lesung & lobpreisung
de selby (kein vorname) galt als einer der hervorragendsten wissenschaftler und philosophen seiner zeit. schade, dass es ihn gar nicht gibt. oder halt ‘nur’ als literarische figur des großen irischen schriftstellers flann o’brien, der von seinem übersetzer harry rowohlt einmal mit den worten gelobt wurde: “so hätte joyce geschrieben, wenn er nicht bescheuert gewesen wäre.”
mara mattuschka (künstlerin, filmemacherin, kunstfigur und inhaberin des “goldenen zirkel für höhere mathematik”) und tex rubinowitz (humorzeichner, autor und inhaber der bachmann-preis-statuette inge) sind riesenfans und profunde kenner von de selby und dessen schriften zur fahrrad/mensch-atomtheorie oder dessen thesen, “dass in jeder bewegung täuschung steckt und die erde eine wurst ist”. de selby war auch überzeugt, dass “dunkelheit durch die regelmäßig wiederkehrende verschmutzung der atmosphäre mittels klitzekleiner schwarzer luftballone” entsteht. man sieht schon: es ist ein weites wissenschaftliches feld, das mattuschka und rubinowitz zu bestellen haben. am ende wird es eine frenetische hommage an einen großen geist gewesen sein.

weitere details folgen

kulturpessimistisch ließe es sich leicht behaupten, dass das seit einiger zeit wieder aufflackernde interesse an der patapysik nichts anderes sei als eine kapitulation vor unpackbaren wirklichkeitszumutungen, eine eskapistische flucht in eine spielerische und ungefährliche gegenwelt mit ihren ‘imaginären lösungen’ und absurdistischen theorien. ohne ein gramm fortschrittsgläubigkeit könnte man aber auch brian reffin smith, regent am “collège de ’pataphysique” zustimmen, wenn er meint: “pataphysik hilft, die vorstellung zu überwinden, man müsse die dinge akzeptieren, wie sie sind”.
nun akzeptieren die unzähligen marodierenden horden im netz die dinge eh längst nicht mehr, wie sie sind. ‘alternative fakten’ stellen die dinge auf den kopf; ressentiment und meinung schwurbeln wissenschaftlich gesichertes derart dummdreist nieder, dass man meinen könnte, alfred jarrys monströse narrenfigur père ubu hätte die weltherrschaft übernommen. und in einer obszönen aufblähung übernimmt sie diese gegenwärtig ja auch: ein wahlvolk nach dem anderen votiert für den bösartigsten clown im staat, der dann zügig daran geht, alle gewissheiten in grund und boden zu stampfen. das ist natürlich auch ein zutiefst pataphysischer akt. von moral, gewissen und werten steht nichts bei jarry, dem ‘erfinder’ der pataphysik, die sich scheint’s auch als zerstörerische und nihilistische ‘wissenschaft’ bestens bewährt.
diesem beklemmenden negativum einer schwarzen pataphysik wird beim festival entschieden entgegengetreten werden müssen, z.b. mit einer ethik von der maschekseite (club hantologie), z.b. mit komischer misanthropie (der täubling) oder einem “ministerium für ehrliche propaganda” (ulrike sterblich), z.b. mit “notoriously slippery” (raphaela edelbauer), aber auch mit der “rettung der welt durch ihre zerstörung” (der irische wissenschaftler und philosoph de selby) etc.
und so schließen sich die kreise: “der stein der idioten”, so hieß 2013 das erste von mir kuratierte festival der schule für dichtung in der garage x, das sich der aus allen rudern laufenden wissenschaft der pataphysik widmete. 2024 findet nun das letzte von mir kuratierte festival im schauspielhaus statt – und wieder geht es um diese seltsame lehre. das hätte dem patavater und proto-dadaisten jarry gefallen können: am anfang und am ende steht die pataphysik als alpha und omega einer delirierenden wahrheitsfindung.

fritz ostermayer (künstlerischer leiter der sfd) – in erinnerung an meine pataphysische freundin und bandkollegin karoline heflin (1958–2023)

Eintrittspreise für die Festivalabende am 23. und 24. Februar 2024 im Schauspielhaus:
Tagesticket:
Normalpreis 12,-
U30 10,-

 
Archiv-Screenshot:

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