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Kultursommer: dichtung hustet dir was Event

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Donnerstag
10. August
2023
ab
18:30
Uhr
Veranstaltet von:
Darstellende Kunst Literatur Lesung

hanne römer & jörg piringer
Kongreßpark 1160

dichtung hustet dir was
Lesung
#Künstliche Intelligenz #Lyrik

… Die systematische Anordnung, die genaue Bauart fassoniert in ihrer strengen Form die Texte (…). Wie kommt das Mantrahafte, der entwickelte Duktus (…) zustande? Einerseits durch die größtmögliche Aussparung von Personalpronomina, andererseits durch viele grammatikalische Leerstellen auf der Ebene der Syntax. (…) Es ergibt sich etwas, das wie nebenher ans Ohr dringt, wie Sprachfetzen, zum Beispiel in der U-Bahn oder im Zug – nur um ein vielfaches pointierter.“
(Lydia Haider, Literaturhaus Wien)

… Mit IM GRÜNEN hat .aufzeichnensysteme, das aktuelle Pseudonym der Künstlerin Hanne Römer, eines der wichtigsten lyrischen Bücher der letzten Jahre vorgelegt. Erkan Osmanovic hat den auf den ersten Blick recht sperrigen Band für die Leserschaft der MEDIENIMPULSE rezensiert … Das Buch setzt sich auf offensive und spielerische Art und Weise mit der Sinnstiftung von Texten auseinander. Besser gesagt mit Textelementen wie Worten, Sätzen, aber auch Satzzeichen. Es geht also um die diversen Beziehungen der syntagmatischen und paradigmatischen Achsen. Denn Sinn, also auch eine Narration, ergeben sich aus der Aufstellung von Relationen der jeweiligen Elemente: etwa ein Wort zum Wort im Paradigma oder Syntagma. Solche Beziehungen können miteinander interferieren. Das Buch zeigt, dass diese Bausteine eine immer komplexere Sinnkonstruktion vornehmen, obwohl sie ja gezielt jegliche Konstrukte, die dies vorwegnehmen würden verhindern wollen. Das gelingt dem Werk auch. Den Leserinnen wird vor Augen geführt, wie die Wortbedeutungsstruktur mit einer paradigmatischen Konnotation interferieren kann, trotzdem sie vom Satz und Kontext isoliert zu sein scheint. .aufzeichnensysteme – hinter denen Hanne Römer steckt – stellen sich in eine sprachexperimentelle Tradition und nutzen auch das Zitieren als poetisches Mittel. Denn wie bereits erwähnt, stammen die Bausteine aus vorgegebenen Texten (“journalartige[] Prosatexte[]”). Und der Text wiederum ist das Produkt einer bestimmten Montagetechnik: der Ellipse. In der Rhetorik heißt das, das alles, was für das Verständnis nicht unbedingt nötig ist, ausgelassen werden kann. Anders gesagt: alles Redundante kann weggeschnitten werden. Das Augenmerk liegt dann an den Übergängen innerhalb der Gedichtkonstrukte (innersequentiell) und an den Übergängen zwischen den Gedichtgebilden (transsequentiell) – dort zeigt sich die Feinarbeit.
Am Ende der Lektüre ist etwas passiert. Nicht auf den Buchseiten, nur im Kopf. Allein durch die Ausnutzung von Text-Montagen gelingt das Wunderwerk. Mit “IM GRÜNEN” ist es .aufzeichnensysteme gelungen Prosa zu verfassen, ohne eine Handlung vorzugeben, die dann doch folgt. Mögen die ersten Seiten vielleicht noch abschrecken, so belohnen die folgenden die Leserinnen und Leser mit einer Lektüre, die man so schnell nicht vergisst.
(Erkan Osmanovic, Medienimpulse)

www.ritterbooks.com


Jörg Piringer investierte 5,60 Euro in einen Online-Dienst, um die Leistungsfähigkeit des neuronalen Netzwerks generative pretrained transformer (GPT in der Version Nr. 3) mit diversen Schreibaufträgen zu testen. Die Ergebnisse dieses wohlfeilen Experiments dokumentiert der vorliegende Band. Gedichte nach bestimmten Vorgaben oder ein ganzer Katalog von Transformationen eines vorgegebenen Gedichts in einen Gesetzestext, ein Gebet, einen Wikipaedia-Artikel, in einen Glückskeksspruch oder einen Donald-Trump-Tweet bezeugen die Stilsicherheit der Künstlichen Intelligenz, die Piringer auch einem Intelligenztest (Sprachkompetenzaufgaben) unterzieht, bei dem diese allerdings mit einem unterdurchschnittlichen Ergebnis abschneidet.

Piringer setzt die von GPT-3 erstellten Poesie-Dokumente in Beziehungen zu historischen, analogen Kombinatoriken oder den Hervorbringungen von Schizophrenen und macht Differenzkriterien sichtbar zwischen „inspirierter“ Produktion gegenüber jener der Programmroutine, der die Fähigkeit, „Wortwitz“ und semantische Doppelbödigkeit
zu „verarbeiten“, vollends fehlt.

Vorzüge des nicht computerunterstützten Schreibens bringt Piringer umso beherzter in seinen genuinen Gedichten wie dichterisch-essayistischen Reflexionen zur Geltung:
Mit lakonischen Pointen bespricht er die Inselbegabung der Maschine, Probleme des immensen technischen und ökonomischen Aufwands beim Trainieren von Neuronalen Netzwerken sowie der Definitionsmacht in Bezug auf Algorithmen und nicht zuletzt die tiefgreifenden sozialen Implikationen der KI-Poesie für den Autor als Redakteur und „Mausklicker“.

Jörg Piringers günstige intelligenz ist ein geistreicher und unterhaltsamer Zwischenbericht über den Stand computerfabrizierter Dichtung heute, die in punkto ästhetische Komplexität und Innovation sowie inhaltliche Substanz der humangenerierten Literatur nach wie vor – in durchaus beruhigendem Abstand – hinterherhinkt.

 
Archiv-Screenshot:

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