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Finissage: Tipsy Tina Event
Finnisage: 22/10/2022, 11:00-14:00, mit einer Performance von Eliza Ballesteros mit David Rank (sound set) und Thomas Huy (vocals) um 13:00 & einem Editionen Verkauf von Ebony Tylah, Louise Streissler, ANTHEA X Hostek
Künster*Innen der Gruppenausstellung:
ANTHEA, Miriam Desta Adefris, Eliza Ballesteros, Albin Bergström, Lea Dippold, Ebony Tylah (Antonia Boss & Tim Hartmann), Anna Hostek, Aline Sofie Rainer, Rosa Rendl, Riot Pant Project (Elena Buscaino & Mina Bonakdar), Juni-Nyusta Ruckendorfer, Katharina Schilling, Maša Stanić, Louise Streissler, Bartholomaeus Wächter.
Kuratiert von Anna Hostek
Durch die Tür fällt der Blick auf eine Bühne, das Stück in Einzelteile gefallen. Alles in einem Bild. Keiner geht ab. Der Blick zieht seine Fluchtlinien zentral, alles sichtbar, die Szenen platziert, die Elemente verstreut. Dort stehen die Momente, versammeln sich die Akteur:innen, nebeneinander. Sie blicken sich an. Diese Bühne nutzt keine Wände, auch keine Vierte. Da drinnen hinter der Tür hat sich eine Nachbarschaft gebildet. Ganz ohne Rasenmäher, Dickicht und Spitzenvorhänge. Erzählungen zu Tina.
Die Protagonist:innen: wechseln sich ab. Der Inhalt: ergänzt sich. Das Drehbuch: verborgen. Ohne Prolog. In der Kunsthalle Exnergasse wurde die Gruppenausstellung TIPSY TINA von der Künstlerin Anna Hostek entwickelt und zeigt Ausschnitte und Einblicke einer jungen Künstler:innen Szene, in den unterschiedlichsten medialen Kombinationen. Zwischen Sound, Bild, Skulptur, Fotografie und Mode angesiedelt lässt diese unterschiedlichste Zugänge zusammenwachsen, eine multiperspektivisch lesbare Szenerie entstehen.
Eingeschobene Kulissen von Vorgestern strukturieren den Raum, schaffen eine vage Physiognomie. Die Dramaturgie liegt in Teilen, hinter Arbeiten versteckt. Jede Einzelarbeit fügt sich dabei einem größeren Narrativ, dass sich unter dem Blick versammelt. Hier könnte man sich dann einen Portalrahmen vorstellen, der sich über die Szene schmiegt. Irgendwo steht ein Haus, etwas was die Form eines Hauses anwendet. Man sieht die Umrisse bereits beim Eintreten. Dieses Haus hat keine Substanz, wird nur durch wenige Konturen angedeutet. Die vorgefundenen Stellwände imitieren Formen und Verhältnisse, die ebenso schnell wieder zu kippen beginnen. Im Inneren läuft der gleichnamige Film TIPSY TINA, ununterbrochen läuft sie, ganz ohne Bewegung. Oft geht Tina aus, sauft sich an, chattet mit Freundinnen. Sie so und die anderen so. Es geht um Outfits, die Abendplanung in dichte Detail-Massen verpackt. Ihre Finger meist pickig und kleben auf irgendeinem alkoholischen Getränk oder Tischtuch. Verdeckt hinter einer Fassade, die keine ist. Häuser stehen in Nachbarschaften und nicht in Ausstellungen, trotzdem sind hier ebensolche entstanden.
Die Ausstellung TIPSY TINA zeigt die experimentelle Variation eines klassischen Guckkasten-Dispositivs, bei dem jegliche Elemente einer Bühne mit einem Blick erfassbar werden, ohne dabei Hierarchien der Dinge durch die Blickrichtung zu formen. Kollaborationen treffen auf Einzelpositionen, formen dabei ein räumliches Kollektiv. Der Ausstellungsraum ist zur Bühne geworden, Austragungsort einer virtuellen Geschichte, die sich zwischen den Kanten erstreckt. Die Protagonist:innen: wechseln sich ab. Der Inhalt: ergänzt sich. Das Drehbuch: verborgen.
Ausgehend von der gleichnamigen Videoarbeit TIPSY TINA von Anna Hostek wurden die künstlerischen Positionen gewählt, einige davon waren bereits Teil der Arbeit selbst. Die Künstler:innen wurden dabei aus den verschiedenen, autonom agierenden Kapiteln der Videoarbeit gewählt und in den physischen Raum übersetzt. Weitergesponnen, hinzugedacht. An manchen Stellen finden sich Versatzstücke, sowie Dokumente die im Video entstanden. Die Raumarchitektur strukturiert sich dabei zwischen freistehenden Objekten und Einzelpositionen auf Displays organisiert. Eine Stellwand lässt die Spitzen eines Gartenzauns erdenken, diese ist zu Boden gefallen. Kein Boden unter den Füßen. Die Arbeiten drüber gewuchert. Der Gartenzaum fungiert hier als Display, nicht als Absperrung zwischen dem Eigenen und dem Anderen. Die Positionen sind ineinander gewachsen, untrennbar.
Als eine Fusion zwischen theatralen, performativen und filmischen Elementen strukturiert sich die Video-Arbeit TIPSY TINA die hier als unsichtbares Inhaltsverzeichnis, als grundlegende Struktur dient. TIPSY TINA ist eine Aneinanderreihung mehrerer Kapitel, die in sich abgeschlossene Handlungen darstellen. Erst durch die Zusammenführung des Einzelnen hintereinander bildet sich ein gesamtheitliches Narrativ. Die Außenfassade des Hauses wird zur Hängungsfläche. Die Geschichten entstehen bereits durch wenige Umrisse.
In den Kapiteln des nichtlinear erzählten Videos wurden Ausschnitte von verschiedenartigen künstlerischen Kollaborationen eingefangen und durch die begleitende Textebene in Form genäht. Die räumlichen Ensembles werden dabei zum Zentrum und verhandelt Themen von Identität, Mimesis, Coming of Age, Einsamkeit, Kollektivität und Selbstinszenierung. Durch Kostümteile, Props und anderen Artefakte wird die Rahmenhandlung gestaltet, die Stoffarme in Gedanken in Bewegung gebracht. In einer Gegenwart die von der Schnelllebigkeit der Gegenstände und Materialien überlagert wird formen sich die Politiken aus Stoff. Ein wiederkehrender Ausgangspunkt der Künstlerin & Kuratorin Anna Hostek, der auch in diesen Ausstellungsräumen als Fußnote erkennbar bleibt. Dieser Ansatz der sich bereits im Film zeigt, wird in der Gruppenausstellung weiterentwickelt und über den Raum gelagert. Eine Szene nach der anderen, je nachdem wohin der Blick fällt. Anthropomorphe Charaktere und Figuren stehen im Raum, verstärken durch ihre stille Präsenz Erzählungen einer Gegenwart zwischen Isolation und Alltäglichkeit. Als Theaterstück erdacht formulieren die verschiedenen Postionen ihre Monologe in den Raum, werden zu Antagonisten, kommentieren sich gegenseitig, ganz ohne Worte. Jede Arbeit als Geschichte, als mögliche Erzählung einer fiktiven Figur, die durch die Worte und Bilder anderer schon in den Köpfen lebt. Die Sitzreihen könnte man sich hier vorstellen, wenn es das Theater wirklich gäbe.
(Text von Ada Karlbauer, 2022)