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Karl Ernst: Schmutz auf Vlies Event
Unverschämtes Upcycling in der Tradition des Objet trouvé
Erste Einzelausstellung
24.08.-30.08.2022 täglich, 18-21 Uhr
Ist ein Kunstwerk tatsächlich mehr als seine Rezeption als solches in einem ihm eigens dafür zugewiesenen Kontext? Worin liegt die Magie des Passepartout, das es uns die konzentrierte Betrachtung eines schmutzigen Putzfetzens nahezu aufzwingt, eines zufälllig, weitab jeglichen Kunstwollens entstandenen Objekts? Lässt sich, nachdem man das ästhetische Potenzial eben dieses Putzfetzens erkannt hat, jemals wieder ein Fahrrad OHNE jedes Kunstwollen putzen?
Reicht es wirklich aus, den achtlos verschmutzten Putzfetzen mehr oder weniger sorgfältig auf ein Hartschaumplatte zu affichieren, oder ist es nicht vielmehr erst seine Präsentation in einer Galerie, welche die Herzen der Kunstsinnigen höher schlagen lässt? Welchen Anteil hat der in diesem Zusammenhang scheinbar unvermeidliche, in exklusiv exkludierender Sprache verfasster Text, welcher sich einerseits in überheblicher Ironie am Kunstbegriff abarbeitet, und in nur scheinbarem Widerspruch dazu gleichzeitig das Kunstsein des Putzfetzens zu rechtfertigen sucht?
Was sollte so ein Putzfetzen dann also kosten? Herstellungsaufwand, abgegolten zum durchschnittlichen Stundensatz einer Fahrradwerkstatt, plus Material? Das ergäbe Neunundneunzig Euro. Das erscheint nur auf den ersten Blick fair, aber ist es dann noch Kunst? Für dieses kleine Geld kann man ausschließlich einen gerahmten Putzfetzen erwerben, ein ziemlicher stolzer Preis für so ein dermaßen sinnloses Objekt. Wer echte Kunst erwerben will, wird nicht umhinkommen den vollen Preis von Eintausendendreihundertzwölf Euro zu bezahlen, um durch die Höhe der Investition bar jeden Zweifels des Kunstseins, des Putzfetzens versichtert zu sein.
Kunst oder nicht Kunst, wie gut würde ein Triptychon dieser Putzfetzen den hohen Wänden vieler von Designermöbeln bestückten Altbauwohnungen zu Gesicht stehen! Ganz abgesehen vom ästhetischen Mehrwert, könnte man den staunenden Gästen auch noch eine gute Geschichte zum Besten geben, vom studierten Fahrradmechaniker und seinen rekontextualisierten Putzfetzen, in dieser kleinen Galerie am Yppenplatz und wie die Putzfetzen auf einmal Kunst waren.
“If everybody is an artist, who’s gonna fix your bike?”
Karl Ernst, August 2022
Karl ERNSt *1984
Noch während des zügig in 22 Semestern absolvierten Studiums der Kunstgeschichte gründete Karl Ernst gemeinsam mit Freund:innen aus der Wiener Bikekitchen, in der er seit ihrer Gründung 2008 aktiv ist, die kollektiv geführte Radwerkstatt “das Radhaus” im fünften Bezirk. Sowohl Neigung als auch Talent folgend machte er das Reparieren bedürftiger Fahrräder schließlich zu seinem Beruf. Aus der Verbindung der früheren theoretischen Auseinandersetzung mit Bildender Kunst und dem mittlerweile praktischen Putzen von Fahrrädern entstand die Idee für diese Ausstellung.