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Christoph Winkler: Her Noise Event
GASTSPIEL
COMPANY CHRISTOPH WINKLER: HER NOISE
Obwohl wir in einer hoch visuellen Kultur leben, faszinieren menschliche Stimmen uns in vielerlei Hinsicht denn im Register der Stimme erklingt die Bedingung der menschlichen Einzigartigkeit. Die Stimme ist das was uns herausstellt. Zudem zeigt sie, dass dieser Zustand wesentlich relational ist. Die simple Wahrheit des Stimmlichen, verkündet von Stimmen ohne die Vermittlung artikulierter Sprache, kommuniziert die elementaren Gegebenheiten der Existenz: Singularität, Relationalität, Geschlechterdifferenz und Alter.
Trotz dieser Einzigartigkeit wird aber zur gleichen Zeit einer ganzen Reihe von Stimmen nicht zugehört. Gerade die Rede von Frauen wird oft als „Noise“ oder „Geräusch“ bezeichnet, was Man(n) nicht ertragen kann.
Die Geschichte ist voller Beispiele für die Ambivalenz mit der unsere Gesellschaft weiblichen Stimmen gegenüber tritt. In den Sirenen Homers über H.C. Andersens Meerjungfrau, von Kants Bemerkungen über das frivole Geschnatter der Frauen im Nebenzimmer bis zu den weiblichen Stimmen dienender, elektronischer Geräte, tritt eine Haltung zutage die offensichtlich in der weiblichen Stimme eine Gefahr für die gesellschaftliche Ordnung sieht.
Gerade wurde noch Hillary Clintons Stimme als ‚Eispickel im Gehörgang‘ beschrieben und beschuldigt, ‚Engel zum Weinen zu bringen‘. Michelle Obama wurde sowohl dafür kritisiert, ‚wie ein weißes Mädchen zu sprechen‘, als auch dafür, ‚zu laut, zu wütend oder gar entmannend zu sein‘.
So anachronistisch diese Äußerungen auch sein mögen, sind sie doch Teil unserer gesellschaftlichen Realität. Frauen die ihre „Stimme“ erheben sind einer latenten Bedrohung ausgesetzt. Ein einfacher Blick in die Kommentarspalten sozialer Medien reicht dafür aus.
Dies hat zahlreiche Konsequenzen. So haben beispielsweise Studien gezeigt, dass die weibliche Stimme im Laufe der Jahre tiefer gewurden ist. Frauen in Führungspositionen gleichen sich in ihren Stimmlagen den Männern an. Demgegenüber sehen und hören wir in Konzerten und Performances ein weites Spektrum performativer, weiblicher Stimmen. Trotz der gesellschaftlichen Ambivalenz haben sich viele Künstler*innen auch die Räume an den ästhetischen Rändern erobert und überraschen mit einem ungewohnten Zugriff auf stimmliches Material.
Das Projekt „Her Noise“ setzt sich vor diesem Hintergrund mit verschiedenen Aspekten weiblicher Stimmen auseinander und kreiert ein choreographisches Konzert. Wir schauen auf Musikstücke die einen besonderen Bezug zur weiblichen Stimme und ihrer Emanzipation herstellen wie beispielsweise Pauline Oliveros „Bye Bye Butterfly“ und versuchen dafür einen körperlichen Ausdruck zu finden. Darüber hinaus laden wir vier Künstler_innen ein die sich mit Stimmen und Noise in ihrer eigenen Praxis beschäftigen.
Lucrecia Dalt, Stine Janvin, Colin Self und Lena Wicke – Aengenheyster (Monsterfrau) werden im Probenprozess einen Einblick in ihre Arbeitsweise geben und gemeinsam mit den Tänzer_innen der Kompagnie musikalisches Material erarbeiten. Die Tänzer_innen nehmen dieses Material auf und fügen eigenes dazu. Aus diesem Prozess einer geteilten Autor_innenschaft heraus entsteht dann das Stück.
Die Performance vereinigt musikalische Teile mit verschiedenen performativen Szene zu einer Reflexion über das Potenzial weiblicher Stimmen.