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Wendelin Pressl: Mondlandschaft Event
Mondlandschaft
oder ein Versuch über die Lüge
Ausstellung im Rahmen von FOTO WIEN 2022
“Rethinking Nature / Rethinking Landscape”
ERÖFFNUNG:
Softopening am Dienstag 15.3.
16:00 bis 22:00 Uhr
TALK:
23.3. 18:00 Uhr
Überlegungen zu Lüge und Zerfall
Komplexitätsforscher Leonhard Horstmeyer und Wendelin Pressl im Gespräch
Der Mond ein Sehnsuchtsort. Geheimnisvoller Begleiter durch die Nacht. Projektionsfläche auch für dunkle Fantasien, versteckt er doch eine Hälfte vor unseren Blicken. Umso mehr wollten immer schon Menschen die sichtbare erleuchtete Fläche erkunden, mit Teleskopen, mit Fotografien, bis zur Eroberung durch die Mondlandung 1969. Die wasserlose ‚verkraterte‘ Oberfläche führte auch zum Begriff der Mondlandschaft als Ausdruck von verödeten Landschaften. Wenn wir unsere Erdlandschaft für die Zukunft neudenken, dann müssen wir auch damit rechnen, dass diese sogenannte Mondlandschaft durch die von uns verursachte Erhitzung der Erde vielleicht einmal bittere Realität sein wird.
Aber bleiben wir bei der Mondlandschaft als Folie unserer Sehnsüchte. Wendelin Pressl gestattet uns durch ganz einfache Apparate einen Blick auf diese Landschaft. Wir schauen hindurch und sehen – den Mond, durch das Streiflicht ist es eine gewölbte Kugel mit der erwarteten Kraterlandschaft, ein schöner Anblick. Die ergänzende Fotoserie zeigt aber ganz unterschiedliche Mondlandschaften, mal sanfter, mal schroffer – sind es verschiedene Monde? Nein, es ist eine Lüge. Wir Betrachter:innen haben gesehen was wir sehen wollten, aber es war nichts anderes als die Struktur der jeweiligen Wand hinter dem Apparat. Ganz banal. Und doch so inspirierend. Nur auf unserer Netzhaut und in der Linse des Fotoapparates war sie real, ansonsten immateriell, wie unsere Sehnsüchte.
Dieser Fotoserie mit Monden aus Wien, Venedig, Attersee, Brüssel, Judenburg, Linz, Maribor, Tirana und Krems steht eine weitere Fotografie des Modes gegenüber. Schon durch ihr Alter wirkt sie wie ein wissenschaftliches Relikt vergangener Zeiten – allerdings wundern wir uns vielleicht über die riesige Größe eines Kraterschlunds auf der Oberfläche. Auch das eine glatte Lüge. Wir sehen ein Gipsrelief, das James Nasmyth 1874 von der uns zugewandten Seite des Mondes angefertigt hat. Mit viel Fantasie. Wieder bedient das Bild mehr unsere Sehnsucht als dass es mit der evozierten Realität etwas zu tun hätte.
Aber wir lassen uns doch gerne belügen, wenn die Lüge so schön ist.
Andeas Hoffer, Kurator Kunsthalle Krems