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Wir freuen uns sehr, Sie zur Eröffnung der Ausstellung „Deep in a Dream“ von Darrel Ellis und Allen Frame in unserer Wiener Galerie einladen zu dürfen. Sie findet im Rahmen des Fotografie-Festivals „Foto Wien“ statt und vereint zwei künstlerische Positionen, die auf den ersten Blick sehr unterschiedlich erscheinen, in Wahrheit aber weitreichende Berührungspunkte aufweisen. Beide setzen sich mit dem Privaten auseinander, beide suchen den intimen Moment, beide sind stille Hymnen auf New Yorker Subkulturen.
Getragen wird die Ausstellung überdies durch die persönliche Beziehung von Allen Frame und Darrel Ellis. Ihr Leben ist geprägt durch die Verankerung in der New Yorker Schwulenszene und Künstler-Boheme der 1980er Jahre, einer Zeit des Aufbruchs, der sexuellen Freiheit, des eskapistischen Anything-Goes und der hedonistischen Lebensweise vor dem großen Aids-Clash.
Den Werken von Darrel Ellis wohnt eine tiefe Ernsthaftigkeit inne. Das Ausgangsmaterial für die Arbeiten bilden Fotografien seines Vaters, der vor Ellis‘ Geburt bei einer Straßenkontrolle von Polizisten getötet wurde. Sie zeigen Portraits, Straßenszene, Familienfeiern und Momentaufnahmen aus der schwarzen Community im Harlem und in der Bronx der 1950er Jahre. Durch Überarbeitung, Verzerrung, Fragmentierung verarbeitet Darrel Ellis sie zu splitterhaften Erinnerungsbildern. Sie spiegeln sein Ringen mit der eigenen Identität und Geschichte, seinem queeren Selbstverständnis und den Herausforderungen an einen offen schwulen, schwarzen Künstler im New York der 1980er Jahre.
Frames Arbeit dagegen folgt einem starken dokumentarischen Impuls. Er bezeichnet sich selbst als Archivar seiner Zeit und seiner Zeitgenossinnen: „I‘m not only archiving myself but I’m archiving everyone I know.“ In seinen Fotografien hält er - mittels einer zwischen Schnappschuss und Filmstill changierenden Ästhetik - die Kunstszene New Yorks fest. Seine Fotografien lassen sich, ähnlich den zeitgleich entstandenen Arbeiten Nan Goldins, als visuelle Tagebücher lesen. Er fotografiert Freunde und Bekannte in privaten, alltäglichen Situationen, aus dem persönlichen Drang, ihre Geschichten festzuhalten und nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Während Darrel Ellis‘ Arbeiten schwarz-weiß sind, harte Kanten aufweisen und disruptive Brüche zeigen, sind Allen Frames Fotografien in melancholisch anmutenden, beinahe verklärenden Farbtönen gehalten. Beides zeugt davon, dass diese Bilder noch aus der Zeit vor der digitalen Fotografie stammen, aus dem letzten großen Aufbäumen der rein analogen Bildgestaltung, die aber um neue fotografische Ästhetiken ringt und damit gleichsam zum Vorboten des digitalen Auges wird.
Ellis erzeugt die verstörende, höchst künstlerische Wirkung seiner Werke, indem er die Fotografien seines Vaters auf Gips- und Styropor-Formen projiziert und wieder abfotografiert. An den Bruchstellen der Projektionsflächen hinterlassen sie ihre markanten Brüche, Löcher und Leerstellen. Ellis praktiziert also gewissermaßen eine visuelle Form des Samplings und der Scratch-Techniken, wie sie damals in der Hip-Hop-Musik und später im Techno Anwendung fanden. Frame wiederum nimmt in elegischer, fast romantisierender Weise die Überhöhung des Zufalls und der Flüchtigkeit vorweg, wie sie später die Fotografie der 1990er Jahre und noch später die Instagram-Ästhetik prägen sollte - wobei nie ganz klar wird, ob seine Bilder eher das Geheimnis oder das Offensichtliche suchen.
