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Danh Vo | Carlos Bunga | Rana Hamadeh Event
Danh Vo
Carlos Bunga: Mind awake, body asleep
Rana Hamadeh: Standard_Deviation
17. September – 7. November 2021
Eröffnung: Donnerstag, 16. September 2021, 19 – 21 Uhr
Erster Ausstellungstag: Freitag, 17. September 2021, 10 – 18 Uhr
Danh Vo
„Um die Gegenwart untersuchen zu können, muss man die Vergangenheit verstehen: jene Vergangenheit, die die eigene Gegenwart bestimmt. Ich glaube auch, dass man in die Zukunft schauen muss. Das ist zweifellos eine Lebensphilosophie, mit der ich lebe und die, wie ich hoffe, in meiner Arbeit zum Ausdruck kommt.“
Danh Vo
In seinen konzeptuellen Arbeiten und Installationen greift Danh Vo häufig auf persönliche Lebenserfahrungen zurück, um umfassendere historische, soziale und politische Themen zu untersuchen. Den in Vietnam geborenen und in Dänemark aufgewachsenen Künstler fasziniert, wie Objekte und Geschichte(n) miteinander verflochten sind und als Projektionsflächen nationaler Ängste und persönlicher Identitäten dienen. Nicht nur die gewalttätigen sowie die erotischen Machtspiele des Kolonialismus sind ein wiederkehrendes Thema, sondern auch die Art und Weise, wie Verwaltungssysteme versuchen, persönliche Intimität und Ausdruck zu formen (sogar einzuschränken).
Vos Installationen bergen eine Fülle künstlerischer Elemente, darunter Fotografien, gefundene Gegenstände (mit historischer oder emotionaler Bedeutung), Dokumente, Textfragmente, die von seinem Vater in kunstvoller Kalligrafie ausgeführt werden und manchmal auch Werke anderer Künstler*innen. Das Wirken des Künstlers in verschiedenen Rollen – als Kurator, Sammler, Historiker und Auktionsscout – ermöglicht ihm ein gewandtes Spiel mit Objekten und Zusammenhängen. In der Auseinandersetzung mit symbolisch oder emotional aufgeladenen Artefakten aktiviert er deren Bedeutung von Projekt zu Projekt immer wieder neu.
Häufig präsentiert Vo Objekte aus dem Nachlass bedeutender Persönlichkeiten (oder anderen Quellen) unverändert in seinem Werk, dann wieder zerlegt er sie, um sie mit verschiedenartigen Ergänzungen zu verblüffenden Hybriden neu zusammenzubauen. Seit 2015 kombiniert er in seinen Werken auch Fragmente antiker Skulpturen mit zeitgenössischen Objekten oder mittelalterlichen Madonnen. Dabei werden die ursprünglichen Arbeiten oft verunstaltet oder unwiederbringlich verändert – ein Akt des Kulturvandalismus, der einerseits die Kolonialisierung widerspiegelt, andererseits Imperien und Kolonien über Zeit und Raum provokant miteinander verknüpft.
Fragmentierung und Neugestaltung spielt auch in Vos wohl bekanntestem Werk, We the People (2011–2016), eine wichtige Rolle. Die Replik der Freiheitsstatue von Frédéric-Auguste Bartholdi besteht aus etwa 300 einzelnen Kupfer-Segmenten im Maßstab 1:1 und wurde in China hergestellt. Ordnungsgemäß zusammengestellt würden sie eine Kopie des New Yorker Wahrzeichens in voller Größe bilden; das Projekt des Künstlers sieht jedoch vor, die Einzelteile stattdessen auf der ganzen Welt zu verstreuen.
Ohne belehrend zu sein, vermittelt Vos rätselhaftes und poetisches Werk eine starke politisch-ethische Haltung. Der Künstler untersucht Fragen der Identität und Zugehörigkeit, des rechtlichen Status, des Eigentums und der Rolle persönlicher Beziehungen und beleuchtet die Machtstrukturen hinter den Fassaden liberaler Gesellschaften sowie die Fragilität unserer Vorstellungen vom Leben im Nationalstaat.
Danh Vo wurde 1975 in Bà Rịa, Vietnam, geboren. Er lebt und arbeitet in Berlin und Mexico City. Seit 2017 dient der Güldenhof in Stechlin / Brandenburg mit seinen Wirtschaftsgebäuden und großen Grünflächen dem Künstler und anderen als Produktionsstätte und Lebensraum.
Carlos Bunga
Mind awake, body asleep
Alles ist ständig im Prozess der Veränderung, Sicherheit und Stabilität sind nur Fiktionen oder das Ergebnis gesellschaftlicher Übereinkünfte. Für Carlos Bunga spielen sich das Leben und die Kunst im unberechenbaren Dazwischen ab. Die Erkenntnis der Instabilität, der Brüchigkeit der Realität, macht der Künstler vor allem an Architektur fest, die vermeintlich Schutz bietet, gleichzeitig aber auch den gesellschaftlichen Status der Menschen definiert. Wie Architektur und das Wechselspiel von Körper und gebauter Umwelt unser Leben beeinflussen, was sie über unsere Herkunft und Möglichkeiten aussagen, sind neben Themen wie Nomadentum, Migration und Vertreibung zentrale Fragestellungen, die den Künstler beschäftigen. Bunga studierte zunächst Malerei an der Escola Superior de Arte e Design in Caldas da Rainha in Portugal, erweiterte seine Praxis zunehmend und begründete Mitte der 2000er-Jahre mit ortsspezifischen Installationen seine internationale Karriere. In mitunter monumentalen und spektakulären Konstruktionen aus Karton nimmt er auf die Architektur des jeweiligen Ausstellungsortes Bezug, reagiert auf vorhandene Elemente, indem er charakteristische Bauteile wie Säulen, Bodenraster oder andere formale Besonderheiten wiederholt, und erzeugt so eine Art Echo, das sich mit der gegebenen Architektur überlagert und so einen neuen Blick ermöglicht.
Für seine Ausstellung Body asleep, mind awake in der Secession konzipierte Bunga mehrere vorwiegend malerische Arbeiten, die großenteils vor Ort entstehen. Jeder der vier Räume ist von einer eigenen Stimmung und unterschiedlichen Beziehungsqualitäten zwischen BetrachterInnen und Werken charakterisiert. Der Titel der Ausstellung spielt unter anderem auf den pandemiebedingt verordneten Rückzug ins Häusliche und seine Auswirkungen an: In Bungas Fall bedeutete das eine vermehrte Hinwendung zur Malerei und als neues Element die Einbeziehung natürlicher Materialien in seine Bilder, als Ausdruck der Sehnsucht nach der Natur.
Carlos Bunga, geboren 1976 in Porto, lebt und arbeitet in Barcelona.
Rana Hamadeh
Standard_Deviation
Rana Hamadehs Werk lässt die Betrachter*innen in akustische und visuelle Welten eintauchen. Thematisch ist es einer beharrlich verfolgten Untersuchung der Epistemologien und Technologien des Rechts gewidmet. Dazu betrachtet die Künstlerin Figuren der Gewalt, hinter denen historische Entwicklungslinien der unser Verständnis von Gerechtigkeit prägenden sprachlichen, rechtlichen und theatralischen Infrastrukturen stehen.
Für ihre Ausstellung in der Secession entwickelt Hamadeh eine neue Fassung ihrer langfristig angelegten wachsenden Werkgruppe The Destiny Project. Seit 2020 erkundet The Destiny Project die Produktion, Konsumtion, Zirkulation und Artikulation von Begehren im zeitgenössischen globalen öffentlichen Diskurs.
Ihr sich ständig weiterentwickelnder Animationsfilm Standard_Deviation, der in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin Sara Hamadeh entstand, vertieft sich in die berühmte sophokleische Tragödie König Ödipus. Statt aber die Geschichte des Unheils nachzuerzählen, das Ödipus, König von Theben, auf seiner Reise hin zur Erkenntnis seines wahren Ich befällt, während die Pest in der Stadt ihren Höhepunkt erreicht, unternimmt die Arbeit eine Lektüre der dramatischen Konstrukte von Sophokles’ Stück als solchem – also seinem Entwurf der Tragödie als „Ausdauertechnologie.“ Der Film wirft neues Licht auf ihren Verlauf, indem er die antiken Figuren vor einem Hintergrund aus diversen visuellen und klanglichen Verweisen, nichtlinearen Erzählstrukturen und unheimlichen Räumen auftreten lässt. In seiner digitalen Ästhetik erinnert er an ein Computerspiel, das so traumartige wie bedrohliche Szenarien veranschaulicht, in denen sich eine von Zahnrädern und Prothesen vorangetriebene Handlung abspielt. Das Gaukelspiel fantastischer Bilder wird von einer kakophonen Sechskanalkomposition begleitet, die für die Ausstellung eigens verräumlicht wird.
Rana Hamadeh, geboren 1983 in Beirut, lebt und arbeitet in Rotterdam.
Standard_Deviation ist eine neue Arbeit von Rana Hamadeh (in Zusammenarbeit mit Sara Hamadeh) – als Teil der Serie The Destiny Project.
Die Ausstellung von Rana Hamadeh wird mit finanzieller Unterstützung des Mondriaan Fonds ermöglicht.
Zu den Ausstellungen erscheint jeweils ein Künstlerbuch.