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Rainer Wölzl – Panoptikum Event

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Von Donnerstag
11. Februar
2021
bis Samstag
10. April
2021
12:00
Bildende Kunst Kunstausstellung

Die Ausstellung ist ab Do, 11. Februar, 12 Uhr geöffnet.
Am Freitag, den 12. Februar wird der Künstler von 15-19 Uhr in der Ausstellung anwesend sein.

Rainer Wölzls Ausstellung Panoptikum zeigt neben neuen großformatigen und teils aus mehreren Einzelteilen zusammengesetzten Kohlezeichnungen, farbige Papierarbeiten aus dem Werkzyklus Inkarnat, plastische Arbeiten, Videos und eine architektonisch, skulpturale Intervention.
In den monumentalen Zeichnungen führt Wölzl sein langjähriges Projekt Museum der Schatten fort. Der Begriff taucht in seinem Oeuvre als Titel erstmals in den 1990er- Jahren auf und bezieht sich damals auf ein lithografiertes Buch, das die Jugoslawienkriege aufgreift. Seit den 2000erJahren bezeichnet er eine Serie meist großformatiger und aus mehreren Einzelteilen zusammengesetzter Tableaus, die motivisch auf kunsthistorische Vorbilder und Bilder des medialen Zeitalters rekurrieren und sich zeitgeschichtlichen wie gegenwärtigen sozial-politischen Themen widmen. Der Begriff des „Schattens“ dient hierbei, wie es Wölzl formuliert, „als vielfältiger Bezugsrahmen, als Projektionsbild, als ständiger Begleiter und als Teil der Erinnerung und Aneignung.“

Im Zentrum der Ausstellung hängen vier aus jeweils 12-Teilen zusammengesetzte, insgesamt 200 x 420 cm große Kohlezeichnungen aus der Serie ‚Museum der Schatten’ mit den Titeln PANOPTIKUM I [Presidio Modelo], 2017, PANOPTIKUM II [Galeries Lafayette , 2018], PANOPTIKUM III [Solomon R. Guggenheim Museum] , 2019 und PANOPTIKUM IV, 2019. Mit dem Titel dieser Arbeiten bezieht sich Wölzl auf den vom französischen Philosophen Michel Foucault eingeführten Begriff des Panoptismus (vom griech. panoptes „das alles Sehende“), der die zunehmenden Überwachungs- und Kontrollmechanismen und daraus resultierende soziale Konformität des Individuums in der Entwicklung der westlichen Gesellschaft seit dem 18. Jahrhundert beschreibt. Der Begriff ist angelehnt an den architektonischen Entwurf eines perfekten Gefängnisses, des „Panopticons“, von Jeremy Bentham, ein Bau, der die perfekte Überwachung von Häftlingen mit geringstmöglichem Personalaufwand ermöglichen sollte, ein Sujet, das Wölzl als Motiv in PANOPTIKUM I [Presidio Modelo] direkt aufgreift. Das Wirkungsprinzip des Panoptismus ist das Wissen um die ständige Möglichkeit der Beobachtung eines Überwachten durch seine Überwacher: „Derjenige, welcher der Sichtbarkeit unterworfen ist und dies weiß, übernimmt die Zwangsmittel der Macht und spielt sie gegen sich selber aus; er internalisiert das Machtverhältnis, in welchem er gleichzeitig beide Rollen spielt; er wird zum Prinzip seiner eigenen Unterwerfung.“ (Michel Foucault: Überwachen und Strafen-Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt/M:, 1992).

Auch die Motivwahl der drei weiteren Arbeiten aus dem Themenkreis ‚Panoptikum’ hat ihren Ursprung in einem Nachdenken über Macht und ihre Erscheinungsformen und Ausprägungen in verschiedensten Lebensbereichen. Gleichzeitig spielt Wölzl mit der formalen Analogie der unterschiedlichen Architekturen. In seinen zeichnerischen Reflexionen zum Panoptismus verhandelt Wölzl symbiotisch verklammerte Mechanismus von auferlegten , bzw. verinnerlichten Macht- und Überwachungsstrukturen, disziplinierenden Zwängen, Selbstdisziplinierung und der Anpassung des individuellen Verhaltens an normative Erwartungen. Es ist, wie Rainer Wölzl schreibt, „eine Aneignungsstrategie zwischen Aktuellem und Vergangenem, eine Konstruktion von Bildelementen, ein Spiel mit Adoption und Adaption, mit der Intention, auf verschiedenen Ebenen der Komplexität der Realität näher zu kommen.“

Dieses Vorgehen kennzeichnet auch weitere in der Ausstellung präsentierte Arbeiten. In Werken wie GEGEBEN SEI [Caravaggio, Marcel Duchamp, Artemisia Gentileschi, Gustave Courbet, Albrecht Dürer, Dsiga Wertow], 2019 verbindet Wölzl methodisch Prinzipien der Montage mit denen der Dispersion, um neue Beziehungen zwischen den Motiven zu entwickeln. Auch hier betont der Raster die Konstruktivität der Tableaus. Durch die Mehrteiligkeit der Bildelemente und die gitterartige Rasterung werden Abgrenzung und Distanz ebenso ermöglicht wie gesellschaftspolitische Reflexion, die sich nicht einem geschichtlichen Vergessen und einer visuellen Entropie der digital generierten Bilderfluten ergibt.

Gemeinsam ist den neuen Zeichnungen, wie beispielsweise WOLKE, 2018, DER WALD, 2019 und DER EISBERG, 2020 die Bildmächtigkeit der Motive und eine dunkle Farbigkeit, die bereits für Wölzls Werke aus früheren Jahren charakteristisch ist. Ebenso gab es schon in älteren Arbeiten den Diskurs mit ikonischen Darstellungen der Kunstgeschichte, Literatur und Geschichte. In seinen aktuellen Arbeiten u.a. (KONDITION, [Sebastião Salgado, Franz Kafka], 2020, erweitert Wölzl diese Reflexionen um zeitgeschichtliche wie gegenwärtige sozial-politische Themen, um sie erneut in seinen Motivkanon einzubinden.

In seinen komplexen ‚Auseinandersetzungen’ und Transformationen nimm Rainer Wölzl häufig auch Bezug auf eigene, früher entstandene Werke. So sind die plastischen Arbeiten DER ZIRKEL, 2013 und ECHOS BONES I, II III, 2018 bereits vor Jahren in der Auseinandersetzung mit Texten und Filmen von Samuel Beckett entstanden. Für die aktuelle Ausstellung wurden ECHOS BONES I, II und III auf einem dunklen Quadrat aus ineinander verwobenen, groben Schleifpapierbahnen neu inszeniert. Die räumliche Intervention rekurriert ebenso wie die Videoarbeit SITUATIONEN, 2016 auf die 1933 geschriebene Kurzgeschichte Echo´s Bones von Samuel Beckett und dessen 1980 entstandenes und Square (Quadrat I +II) betiteltes, minimalistisch, experimentelles Fernsehstück. Analogien in der Verwendung von Materialien gibt es wiederum bei den kleinformatigen, farbigen INKARNAT-Blättern, für die Wölzl bereits 2016 Schleifpapier als Trägermaterial verwendet hatte. Im Nebeneinander von Zeichnungen, filmischen und plastischen Arbeiten produziert Wölzl neue Sinneinheiten, die weniger im Streben nach Einheit als im Aufeinandertreffen von subtilen Affinitäten entstehen.

Text von Jacqueline Rugo.

 
Archiv-Screenshot:

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