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Marko Zink: M 48° 15′ 24.13″ N, 14° 30′ 6.31″ E Event
M 48° 14′ 31″ N, 14° 31′ 1″ E
Mauthausen. In Österreich, wahrscheinlich auch im übrigen Europa, möglicherweise sogar auf der ganzen Welt, kann dieser oberösterreichische Ortsname mit fast 1.000-jähriger Geschichte niemals wieder neutral gehört werden. Im Konzentrationslager Mauthausen und seinen Außenlagern sind zwischen 1938 und 1945 mindestens 90.000 Menschen zu Tode gekommen.
Bei seinen Besuchen der KZ-Gedenkstätte Mauthausen hat der österreichische Künstler Marko Zink eine ihn verstörende Wahrnehmung gemacht: Der Gedenkort ist für viele Besucherinnen und Besucher heute eine Sightseeing-Location. Selfies inklusive. Mit fotografischen Mitteln versucht Zink in seinem neuen Projekt nun dem Ort seine Würde zurückzugeben. Sein Ziel ist es, ein zweifaches Verschwinden sichtbar zu machen: die Auslöschung von Menschen und die Tilgung von Erinnerung.
Im April 2019 (Eröffnung: 10.4.2019 um 18 Uhr) wird Zink sein Projekt in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen ausstellen.
In der Galerie Michaela Stock sind erstmals ausgewählte Arbeiten aus dieser Serie zu sehen. Sie belegen die Ernsthaftigkeit der Annäherung an das Thema und die Komplexität der künstlerischen Durchführung. Es geht Zink nicht um Dokumentation, sondern um Irritation. Er zwingt zum genauen Hinsehen und eröffnet eine vielschichtige Auseinandersetzung.
Die von Marko Zink gewählte Kunstform ist die analoge Fotografie. Er bearbeitet seine Filme, eher er sie belichtet. Er kocht oder stanzt sie, behandelt sie mit Chlor oder Tintentod. Mit diesem filigranen Filmmaterial fotografiert er ausgewählte Orte in- und außerhalb des ehemaligen Konzentrationslagers – die Lagerstraße, den ehemaligen Sportplatz oder die Marbacher Linde, unter der tausende Leichen verscharrt wurden, und die heute (ohne einen einzigen Hinweis auf das hier Geschehene) als beliebter Aussichtspunkt gilt.
Präsentiert werden die Fotos in unterschiedlichen Ausarbeitungen, etwa als Panoramaaufnahmen, als Lamellenbilder, auf denen die Perspektiven sprunghaft wechseln, aber auch als konzeptionelle Weiterverarbeitungen. So zeigt Zink einen Raum, in dem 500 Häftlinge untergebracht waren, in einem Raster aus 500 Einzelaufnahmen mit jeweils leicht verschobener Perspektive – symbolhaft für 500 Augenpaare, die hier einst durch das Fenster sahen: „Der Blick ins Nichts.“
Manchmal wirken Zinks Fotoarbeiten wie historische Fundstücke, rasch und heimlich aufgenommen, ausgebleicht von der Sonne, halb zerstört durch die Einwirkungen der Zeit. Manchmal scheinen die Fotos mit ihren Beschädigungen auf einer eigenen Ebene von jenem Ungeheuerlichen zu berichten, das sich hier vor weniger als acht Jahrzehnten zugetragen hat. Und manchmal scheint auf ihnen etwas sichtbar zu werden, was nur scheinbar nicht mehr zu sehen ist. Marko Zink erinnert uns mit seiner Arbeit daran, dass es möglich ist: Was an das Vergangene erinnert, und was vor dem Kommenden warnt - es ließe sich alles sehen. Wenn wir nur wollen.
Text / Wolfgang Huber-Lang