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Verhüllt, enthüllt! Das Kopftuch Event
Ein mit unzähligen Bedeutungen aufgeladenes Stück Stoff erhitzt die Gemüter: das Tuch, mit dem sich religiöse Frauen ihren Kopf, ihr Antlitz und mitunter den ganzen Körper bedecken. Doch das Gebot für Frauen, sich das Haupt zu verhüllen, ist seit Jahrhunderten ebenso Bestandteil der europäischen Kultur. Seine Geschichte reicht von den Anfängen des Christentums bis in unsere Zeit.
Über die Ausstellung
Für die Christen wird der Schleier zum Sinnbild der Ehrbarkeit, Schamhaftigkeit und Jungfräulichkeit. Der Apostel Paulus fordert von den Frauen, ihr Antlitz mit einem Schleier zu verhüllen, wenn sie mit Gott reden. Offenes Haar gilt als unsittlich, nur der Jungfrau Maria kommt mitunter solches zu. Das bedeckte Haupt zählt zum Vorrecht verheirateter Frauen wie zur Ordenstracht der Nonnen. Trauernde legen den Witwenschleier an. Im Spätmittelalter bestimmen in den Städten Europas Kleiderordnungen, wie sich die Frauen Kopf und Hals zu umhüllen haben.
Zu Beginn der 1920er Jahre beklagt der Papst den Leichtsinn von Frauen, die sich beim Tanzen in „unanständiger“ Kleidung über die Grenze der Schamhaftigkeit hinwegsetzen. Zur Zeit des autoritären österreichischen Ständestaates und des Nationalsozialismus sollen Kopftuch und Dirndl Heimat und Bodenständigkeit vermitteln. In den 1950er Jahren steht das bedruckte Kopftuch als Modeaccessoire für Luxus, Eleganz und Emanzipation. Schritt für Schrittt werden die Machtverhältnisse in den Geschlechterbeziehungen hinterfragt. Erst 1976 wird in Österreich das patriarchalische Ehemodell vom Gleichbehandlungs- bzw. Partnerschaftsprinzip gesetzlich abgelöst.
Während ein Teil der jungen Musliminnen sich in der Öffentlichkeit gegenüber Fremden verschleiern muss, da sie sonst als sündig und den Männern als verfügbar gelten, kreieren andere eine Art Streetwear-Look, farbenfroh und frech, sexy und züchtig zugleich. Im Iran stellen sich Aktivistinnen mit offenem Haar gut sichtbar auf belebte Kreuzungen und schwenken als Zeichen des Protests ihr Kopftuch, während im Westen sich Designerinnen an der Mode der 1950er Jahre orientieren und Vintage-Kopftücher im Programm führen. “Modest Fashion”, körperferne Kleidung ist über Religion hinweg weltweit ein Milliardengeschäft. Queen Elizabeth II. trägt nach wie vor als persönliches Branding ein Kopftuch von Hermès – nicht nur wenn sie ausreitet.
Das Weltmuseum Wien präsentiert 17 eigenständige Positionen zum Thema Kopftuch, die den Blick auf dieses Stückchen Stoff um neue (und möglicherweise unerwartete) Aspekte erweitern sollen.
Mitwirkende an der Ausstellung:
Susanne Bisovsky, Gebhart Blazek, Reinhard Blumauer, Timna Brauer, Gerard van Bussel, Ingrid Gaier, G.R.A.M., Nilbar Güreş, Felicitas Heimann-Jelinek, Suzanne Jongmans, Tina Lechner, Bele Marx & Gilles, Mussard, Christian Maryška, Renate Anna Menzel, Kathrin Pallestrang, Mitra Shahmoradi, Axel Steinmann