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rewind

U=X oder die Möglichkeit des Unverhältnismäßigen Event

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Von Freitag
14. September
2018
bis Samstag
06. Oktober
2018
19:00
Bildende Kunst Zeitgenössische Kunst Eröffnung Installation

„Wenn man sagt, schau in diese Röhre, da drin siehst du einen Planeten und in Wirklichkeit ist es aber nur ein Schattenspiel, dann ist das eine Lüge. Oder zumindest eine vorsätzliche Vorspiegelung falscher Tatsachen, also: ein u für ein x.“ (W.P.)

Die Ausstellung von Wendelin Pressl geht in unterschiedlichen Versuchsanordnungen der Frage nach, was Wahrheit, und was sie nicht ist, wo die Grenzen zwischen dem einen und dem anderen verlaufen und wie leicht diese zu verschwimmen scheinen. Die titelgebende Redewendung „ein U für ein X vormachen“ geht auf römische Buchstaben zurück, die bekanntermaßen auch für Zahlen stehen. Dort hat das V (das lateinische U) den Wert 5 und X den Wert 10, was bedeutet, das ein kleiner Eingriff (die Verlängerung der Linien des V), eine „neue“ Tatsache schafft und das U (also V) zu einem X wird und den doppelten Wert erhält bzw. natürlich so tut als ob.

Pressl arbeitet seit längerem an diesen verschwimmenden Grenzen, wobei es hier nicht um die bloße Sinnestäuschung geht, der wir als BetrachterInnen anheim fallen. Die Arbeiten sind vielmehr Vehikel, über die Pressl sich als Künstler, aber auch uns kritisch ins Visier nimmt. Als „Material“ wird dafür oft das Universum verwendet, weil hier gedanklich fast alles vorstellbar scheint, jede Annahme auch eine Möglichkeit in der Unendlichkeit von Möglichkeiten sein kann, also das Unverhältnismäßige plötzlich Plausibilität erlangt – und gerade dort die Grenzen zwischen Wahr und Falsch gleichermaßen unfassbar und deutlich zutage treten.

Seine unterschiedlichen Apparaturen zeigen bisweilen bewusst überspitzt (Weltanschauungsapparatur), nicht selten dezent (Planetomat, Analyser), wie schnell uns bestimmte Zeichen und Verweise in entsprechende Richtungen lotsen; Pressl bedient sich unseres (Vor-)Urteilsvermögens, um dieses dann spielerisch zu konterkarieren – und auf einmal der Blick auf eine Wand die Aussicht auf fremde Planeten ermöglicht. Die immer wieder verwendete (vermeintliche) Rückkoppelung an die Wissenschaft oder an unsere Erwartungshaltung an diese, nämlich Fakten zu produzieren, verleiht Pressl die Möglichkeit die titelgebende Gleichung anzuwenden. Ein Beispiel für diese ist der „Analyser (Sandrechner)“, der sich Archimedes von Syrakus (287-212 v. Chr.) zum Vater des Gedankens nimmt. Der griechische Wissenschaftler hat in seiner Abhandlung „Der Sandrechner“ ein neues Zahlensystem erfunden, mit dem er u. a. die endliche Zahl von Sandkörnern auf der Erde beweisen wollte. Pressl nimmt diese absurd klingende, aber tatsächlich existierende wissenschaftliche Überlegung und visualisiert sie als ein nicht weniger absurd wirkendes scheinwissenschaftliches Messgerät. Das „U“ ist ein in einem Video zu sehender im Sand liegender Zweig, der vom Wind angetrieben seine halbkreisförmigen Bahnen zieht. Von Pressl durch einen billigen „Umbau“ zu einem Gerät verwandelt, erhält diese wetterbedingte, zufällige Begebenheit einen neuen Stellenwert - das „X“. Ohne dabei zu vergessen, die Unverhältnismäßigkeit dieses Unterfangens ebenfalls unübersehbar ins Bild zu rücken.

Pressls Arbeiten könnte man in vielerlei Hinsicht als Transmitter bezeichnen, die darauf angelegt sind, die Grenzen zwischen wahr und falsch anzustoßen, in Schwingung zu versetzen und uns dabei Gewahr werden zu lassen, wie leicht wir, gerade auch in Zeiten wie diesen, bereit sind, ein U für ein X anzunehmen.

 
Archiv-Screenshot:

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