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Kunst für jeden Tag - Künstler als Gebrauchsgrafiker und Illustratoren

Design Ausstellung
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1 Termin
bis Freitag 31. August
12. April 2018 -
Fr 31. Aug. 2018
19:00
Kunst für jeden Tag - Künstler als Gebrauchsgrafiker und Illustratoren

Gebrauchsgrafik und “graphic design” waren nicht eine Erfindung der boomenden Werbebranche zu Beginn des 20. Jahrhunderts, auch wenn aus dieser Zeit besonders viele hochwertige Künstlerentwürfe zu allen Arten von Drucksorten, wegen ihrer prognostizierten Kurzlebigkeit auch “Ephemera” genannt, zu verzeichnen sind. Heute sind viele dieser Entwürfe für Plakate, Kataloge, Buchschmuck, Zeitungsannoncen, Einladungskarten, Künstlerpostkarten etc. viel reproduzierte Klassiker geworden. Wien, mit seiner Künstlervereinigung Secession und Künstlern wie Gustav Klimt, Kolo Moser, Josef Hoffmann oder Max Kurzweil sowie der hauseigenen Zeitschrift Ver Sacrum, war um 1900 ein Hotspot des durch Künstlerhand veredelten Gebrauchsgegenstandes, wovon auch die grafische Produktion profitierte, wurde sie doch - wenigstens aus Künstlersicht - zu einem Teil der angewandten Kunst. In Frankreich, wo die Zeitungskarrikatur mit Daumier eine einzigartige Tradition vorzuweisen hatte, führten Künstler wie Henri de Toulouse-Lautrec, Félix Vallotton oder Franti?ek Kupka diese Tradition weiter. Die Illustration für Bücher mit oder ohne Text stellt einen Sonderfall zwischen Kunst “für die Ewigkeit” und Kunst für den “Tagesgebrauch” dar. Zwar gibt es Künstlerbücher, die von Anfang an nicht zum Lesen bestimmt sondern als reines Kunstobjekt konzipiert sind, aber die große Anzahl illustrierter Bücher der Jahrhundertwende und vor allem des kurz später einsetzenden Expressionismus waren Bücher mit Texten aktueller Autoren, die durch Illustrationen bekannter Künstler aufgewertet wurden und wo Leser auf niederschwelligem Niveau mit Kunst in Berührung kamen. Bucheinbände, Vorsatzblätter oder Titelseiten waren dabei und bleiben bis heute eine besonders dankbare Fläche für eine kreative und anspruchsvolle Gestaltung durch Künstler. Besonders erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist die tschechische Buchproduktion der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts mit Einbandgestaltungen von Vlastislav Hofman, Josef ?apek, Václav Spala oder Karel Teige. Hier spalten sich allerdings die Geister: Denn nur wer den inhaltlichen Wert einer künstlerischen Idee von deren rein pekuniärem Wert zu trennen weiß, wird einer künstlerisch gelungenen gebrauchsgrafischen Arbeit echte Wertschätzung entgegenbringen können.

Zweckgebundenheit von Druckgrafik hat eine lange Geschichte und oft liegt der Reiz des Gedruckten in der Ambivalenz zwischen Höhenflug der künstlerischen Phantasie und Experimentierfreudigkeit und der Tiefe des Umfeldes, wo die Grafik ihren Landeplatz findet. Gerade auf dem Gebiet der Druckgrafik muss man sich daran erinnern, daß schon ihre anfängliche Bestimmung im Spätmittelalter praktisch immer eine außerkünstlerische war, z.B. im Falle ihres ersten Auftretens auf europäischem Boden in Form von Spielkarten oder bei den das Analphabetentum bedienenden Bilderbibeln. Die Funktion des Sprachersatzes ist der grafischen Botschaft übrigens bis heute erhalten geblieben. Auch wenn schon sehr früh hochwertige künstlerische Entwürfe mit im Spiel waren, man denke an die Narrenschiff-Illustrationen des blutjungen Dürer oder die zahlreichen Beiträge Holbeins des Jüngeren für den Basler Buchdruck, so blieb die Druckgrafik dennoch lange dem Wort untergeordnet und eroberte sich erst langsam und quasi aus dem Hinterhalt ihre eigenständige künstlerische Position, vor allem dann, wenn das Bild eine andere Sprache sprach als der Text oder der Bildkommentar weit über das Belehrende des Textes hinausging, wie das z.B. der Petrarcameister im frühen 16. Jahrhundert genial vorführte. Eher ephemere wenn auch nicht weniger wichtige Kunst waren auch die zahlreichen Adaptionen künstlerischer Entwürfe (z.B. derer Raphaels) für die Druckgrafik durch Künstler, die die Entwürfe in andere Medien wie Holzschnitt, Kupferstich oder Radierung zu übersetzen hatten, mit dem Ziel größerer Verbreitung und Werbewirksamkeit für bestimmte künstlerische Ideen.

“Kunst für jeden Tag” ist schließlich auch jede Art von engagierter Grafik, die sich für politische Ideen - oder gegen diese - einsetzt. Ihren ersten Höhepunkt feierte diese Kunst mit dem bildnerischen Einsatz der beiden Cranachs für die Ideen der Reformation. Der bereits erwähnte Daumier stellte durch weite Teile des 19. Jahrhunderts sein zeichnerisches Genie in den Dienst des Kommentars zu tagesaktuellen politischen und sozialen Fragen, während gleichzeitig der Rest druckgrafischer Produktion oft zum rein Illustrativen verfiel.

Für die künstlerischen Secessionsbewegungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts war eine hochwertige grafische Produktion, die sich als Teilgebiet der angewandten Kunst verstand, geradezu Programm, erklärte man doch z.B. im ersten Heft der Zeitschrift Ver Sacrum: “Wir kennen keine Unterscheidung zwischen »hoher Kunst« und »Kleinkunst«, zwischen Kunst für die Reichen und Kunst für die Armen. Kunst ist Allgemeingut…” Nicht zu unterschätzen für die Entwicklung der Gebrauchsgrafik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war der künstlerische Exodus von Europa nach Amerika zur Zeit des Naziterrors. Vor allem ehemalige Künstler des Bauhauses wie Josef Albers entwickelten ihre dort begründeten Designansätze nach ihrer Emigration in die USA weiter wenn sie nicht gar wie Herbert Bayer vollends von der Werbebranche - mit sehr reizvollen Ergebnissen, die sicher auch noch Andy Warhol beeinflusst haben - vereinnahmt wurden. In der Wirtschaftwunder-Atmosphäre nach dem 2. Weltkrieg haben gewitzte Künstler mit Sinn für’s Geschäft wie z.B. Picasso den Unterschied zwischen “hoher Kunst” und “Kleinkunst” sehr wohl wieder entdeckt und - auch unter bewusster Verwischung der Grenzen zwischen den beiden - quasi zum Geschäftsmodell gemacht. Während Finanzkräftige hohe Summen für Gemälde ausgeben durften, blieb für den Durchschnittsverdiener immer noch das “originallithographische” Plakat oder das Buch mit Originalgrafik. Heute sind auch diese, zur Zeit ihrer Entstehung noch erschwinglichen Drucksachen, im Nachhinein geadelt und dadurch oft zu Preziosen geworden.

Archiv-Screenshot:

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