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As Rights Go By - Über Rechtsverlust und Rechtlosigkeit Event

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Von Donnerstag
14. April
2016
bis Sonntag
05. Juni
2016
19:00
Bildende Kunst Zeitgenössische Kunst Theorie Eröffnung Ausstellung

Wie hängen Einschränkungen von Bürgerrechten und die Rechtlosigkeit von Flüchtlingen zusammen? Ökonomische Interessen sowie Rendite- und Sicherheitsversprechungen unterminieren zunehmend von der Verfassung garantierte Rechte – Rechte, die Flüchtlingen gar nicht erst zugestanden werden. Die Ausstellung ?As Rights Go By – Über Rechtsverlust und Rechtlosigkeit?, kuratiert von Sabine Winkler, im freiraum Q21 INTERNATIONAL/MuseumsQuartier untersucht Aspekte rechtlicher, sozialer und emotionaler Veränderungen im Verhältnis von BürgerInnen, Politik, Ökonomie und Gewalt.

Postdemokratische Entwicklungen haben sich im letzten Jahrzehnt beschleunigt: Unregulierte Finanzmärkte, die zunehmend politische Agenden dominieren, sowie unkontrollierte Massenüberwachung, die zukünftiges (Verkaufs-)verhalten vorhersagen und beeinflussen will, prägen unsere Realität. Im aktuellen hochexplosiven Szenario lohnt vor allem ein Blick auf die Ursachen und Folgen der mit zunehmender ökonomischer Ungleichheit verbundenen rechtlichen Ungleichheiten. Die behauptete Notwendigkeit, dass sich die Politik den Interessen des Marktes unterordnen müsse, führt zu einer Verschiebung von Rechten zu Gunsten von Investoren. Schulden und Handelsabkommen sind Instrumentarien mit denen Ungleichheit festgeschrieben und institutionalisiert wird. Die Radikalisierung und Globalisierung der Märkte wiederum führt zu einer Verschärfung sozialer und rechtlicher Ungleichheit zwischen reichen und armen Ländern, im Kampf um billige Rohstoffe und Arbeitskräfte. Neokolonialistische Vorgehensweisen, die mit ein Grund für die Migrationsbewegungen sind.

Die in der Ausstellung gezeigten künstlerischen Arbeiten untersuchen diese Folgewirkungen von Globalisierung, Finanzialisierung, und Massenüberwachung auf Bürgerrechte und Menschenrechte sowie damit verbundene soziale und rechtliche Ungleichheiten. Die Frage nach der Rechteverteilung stellt sich auch innerhalb des Systems der Kunst. Das Kunstsystem spiegelt die in der Gesellschaft zu beobachtenden sozialen und rechtlichen Ungleichheiten wider. Innerhalb ästhetischer Praxen spielt die Reflexion der eigenen Handlungsweise und Positionierung eine entscheidende Rolle, um rechtliche, soziale oder gesellschaftliche Asymmetrien in den Produktionsbedingungen sichtbar zu machen.

So untersuchen Lorenzo Pezzani und Charles Heller (Forensic Architecture) in ihrem Video ?Liquid Traces – The Left-to-Die Boat Case? ein Flüchtlingsbootunglück im Jahre 2011. Sie bedienen sich forensischer Methoden um den Verlauf des tragischen Ereignisses zu rekonstruieren und damit die Verantwortlichen zu ermitteln. Die beiden Künstler hinterfragen, inwieweit das durch Überwachungstechnologie erlangte Wissen bei unterlassener Hilfeleistung nicht ein Indiz dafür ist, dass Behörden gegen die Menschenrechtskonventionen verstoßen.

Nikita Kadan bezieht sich in seiner Arbeit ?Procedure Room? auf Folterpraxen der Ukrainischen Polizei. Seine Zeichnungen von Foltermethoden auf Porzellantellern im Stil des ?Popular Medical Dictionary? der Sowjet-Ära verweisen auf die ideologische Darstellung von Folter als Behandlungsmethode im Sinne eines ?notwendigen Eingriffes?, um staatliche Gewalt zu legitimieren. Rechtsverlust wird als Notwendigkeit für das Gemeinwohl oder als Freiheitszugewinn deklariert.

Lina Theodorous installative Arbeit ?The amazing board games club? lädt ein, griechische Krisenrealität fiktiv über Brettspiele nachzuvollziehen. Das Finanz-Brettspiel ?Pawnshop – Days of Mistrust? ist als Persiflage des kapitalistischen Paradebrettspiels Monopoly konzipiert während das Brettspiel ?Save the Pensioner? Element einer fiktiven Pharmawerbekampagne ist, mit der die Bevölkerung darauf vorbereitet werden soll 20 Jahre länger zu arbeiten und dabei fit zu bleiben. Lina Theodorou verweist dabei auf die mit Schulden und Austeritätsprogrammen verbundenen sozialen und rechtlichen Konsequenzen, sowie auf die von Armut und Rechtsverlust profitierenden Unternehmen.

In James Bridles animiertem Video ?Seamless Transitions? geht es um das Sichtbarmachen von drei nicht zugänglichen Orten der Urteilsfindung, Inhaftierung und Abschiebung von Einwanderern in Großbritannien. Anhand von Planungsdokumenten und Augenzeugenberichten schafft das Video eine architektonische Visualisierung dieser physischen Räume, aber auch der komplexen rechtlichen und sozialen Regelwerke.

Carey Young zeigt in ihrer Arbeit ?Obsidian Contract? einen spiegelverkehrt geschriebenen Rechtstext, der durch die Reflexion in einem schwarzen Spiegel öffentlichen Raum und Rechtsräume im Ausstellungskontext imaginiert. In ihrem Video ?Uncertain Contract? führt ein Schauspieler ein Skript auf, das aus rechtlichen Begriffen eines Handelsvertrages besteht. Bei der rechtlichen Aus- und Aufführung bleiben die spezifischen Vertragsbedingungen ausgespart, woraus sich ein ?unsicherer? Vertrag ergibt, dessen Bedeutung Interpretationssache bleibt und die Funktion von Verträgen in der Kunst reflektiert.

Yuri Pattison wiederum zeigt Aufnahmen des Hotelzimmers 1014 in Hong Kong, in dem Edward Snowden 2013 sein NSA-Enthüllungsinterview gab und kombiniert diese Bilder mit Aufnahmen von Hotelzimmerbewertungen und Videoaufnahmen von Hollywood-Drehorten. Die Arbeit reflektiert den schnellen Übergang von einem politischen Ereignis in den Bereich der Unterhaltung und verweist im konkreten Fall auf die Aushöhlung der x-fach von der NSA begangenen Rechtsbrüche durch das Hollywoodkino.

In seinem Film ?Sequence Error? bezieht sich George Drivas auf den Aphorismus von Karl Marx: ?History repeats itself, first as tragedy, then as farce? und adaptiert Teile von Reden von Che Guevara (1963) und George Marshall (1947). Die Szenen spielen in einem zeitgenössischen Unternehmensumfeld, das – von einer plötzlich auftretenden Systemkrise betroffen – kollabiert. Das Unternehmen steht stellvertretend für das kapitalistische System, die Krise für die Ausnahme, die als Anlass benutzt wird um Rechte auszusetzen. Widerstand formiert sich.

KünstlerInnen:
Silvia Beck* (DE), James Bridle (GB), Petja Dimitrova (BG/AT), George Drivas (GR), Özlem Günyol*/Mustafa Kunt* (TR/DE), Nikita Kadan* (UA), Vladimir Miladinovi?* (RS), Yuri Pattison (IE), Lorenzo Pezzani und Charles Heller (IT, USA), Julien Prévieux (FR), Andrea Ressi (AT), Judith Siegmund* (DE), Lina Theodorou* (GR), Carey Young (GB)

*Artist-in-Residence des Q21/MQ
Kuratorin: Sabine Winkler (AT)

?As Rights Go By? wird in Kooperation mit dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres organisiert.

Dauer: 15.04. bis 05.06., Di-So 13-16h & 16.30-20h, Eintritt frei
Eröffnung: Do 14.04., 19h

 
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