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Das Neueste Weltgerichtstriptychon Event

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Von Donnerstag
06. März
2014
bis Sonntag
18. Mai
2014
19:00
Bildende Kunst Zeitgenössische Kunst Eröffnung Gruppenausstellung

Künstler_innen: Alice Creischer & Andreas Siekmann / Maruša Sagadin / Ina Wudtke / Herman Asselberghs & Dieter Lesage

Begrüßung: Eva Blimlinger, Rektorin der Akademie der bildenden Künste Wien
Das Weltgerichtstriptychon von Hieronymus Bosch:
Martina Fleischer, Direktorin a. i. der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien
Einführung zum neuesten Weltgerichtstriptychon: Dieter Lesage, Kurator

Das Weltgerichtstriptychon von Hieronymus Bosch ist eines der bekanntesten Werke der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien. Es wurde um 1500 gemalt, in einer Zeit des radikalen Umbruches, wo die alten feudalen Strukturen erschüttert wurden und die moderne Welt und ihr kapitalistisches System entstanden. Die Künstler_innen Alice Creischer & Andreas Siekmann, Maruša Sagadin und Ina Wudtke interpretieren das Triptychon für die Gegenwart noch einmal neu und stellen die drei Tafeln in je einem Raum von xhibit dreidimensional dar. Die beiden Außentafeln in Grisaille werden von Herman Asselberghs und Dieter Lesage in zwei Zwischenräumen präsentiert.

Im Neuesten Weltgerichtstriptychon stehen die Stadt und die Welt erneut vor Gericht. Anders als bei Bosch wird die Topografie des Neuesten Weltgerichtstriptychons eine radikal säkulare sein. Die räumlichen Koordinaten der zeitgenössischen Kosmopolit_innen, die durch die Auseinandersetzung mit dem Neuesten Weltgerichtstriptychon zu Sinnen kommen sollen, sind nicht länger die Schöpfung, der Himmel und die Hölle, sondern die Stadt, der Staat und das “Empire” gemäß Negri/Hardt. Das Neueste Weltgerichtstriptychon wird unterschiedliche Formen der Sanierung in Stadt, Staat und “Empire” vorstellen und hinterfragen. Dabei wird die These untersucht, ob ökologische und/oder wirtschaftliche Sanierungen nicht oft nur ein Vorwand sind, um unbequeme Individuen und Gruppen vertreiben zu können. Ist denn die Vertreibung das Schicksal der “Multitude”?

Antigentrifizierungsgegner_innen besetzen Häuser, die Occupy-Bewegung besetzt Plätze und Parks, aber das letzte Bild, das uns bleibt, ist das Bild ihrer Vertreibung. Muss es so sein? Worauf dürfen wir hoffen? Wie könnte eine gerechtere Welt entstehen, wenn wir den Glauben an einen Tag des Jüngsten Gerichts verloren haben? Welchen Tag, welche Tage wollen wir als Tage der Gerechtigkeit feiern, auch wenn wir nicht länger an ultimative Gerechtigkeit glauben?

Die Stadt, die in der Immobilienwerbung heute gerne als säkulares Paradies dargestellt wird - der Ort, wohin die Wohlhabenden unbedingt ziehen sollen und wollen -, ist auch der Ort, von dem die Zuwenighabenden vertrieben werden. Die Vertreibung aus dem metropolitanen Paradies, genannt Gentrifizierung, ist das Thema der (linken) ‘Flügelinnenseite’ des Neuesten Weltgerichtstriptychons von Ina Wudtke. Ihre Installation erzählt auf vielschichtige Weise die Geschichte eines langjährigen juristischen Kampfes um den Erhalt einer Mietwohnung in Berlin. In ihrem neuen Video Der 360.000-Euro-Blick kombiniert Ina Wudtke den Blick auf Berlins Wahrzeichen, den Fernsehturm, mit einer Ich-Erzählung aus dem Off, in der Beobachtungen zu ökonomischen Strukturen und individuellen Lebensbedingungen, künstlerischer Produktion mit zeitgenössischer Politik und Stadtplanung ineinander fließen.

Die (rechte) ‘Flügelinnenseite’ von Maruša Sagadin ist in Wien angesiedelt. Maruša Sagadins Installation zeigt wie die Stadt durch Neubauprojekte für die Bewohner_innen zur Hölle wird. In ihrem Beitrag findet man vielleicht das höllische Orchester wieder, das schon auf der rechten Flügelinnenseite des Weltgerichtstriptychon von Bosch ein unerträgliches Schauspiel darbringt: Rap meets Kabarett. So wie das Wiener Kabarett Die Hölle im Theater an der Wien (1906-1937) exemplarisch für eine (auch buchstäbliche) Untergrund-Gegenkultur der Wiener Hoch- und Hofkultur steht, so ist auch die Etablierung von Kleinkunstformen, die vor allem von Migrant_innen und Juden und Jüdinnen gepflegt und mit ihrer Vertreibung nach dem Anschluss marginalisert wurden, wider eine fast unzeitgemäße, rücksichtslose kulturelle Hegemonie Teil der Aufarbeitung der kulturellen Geschichte Österreichs.

Die zentrale Tafel des Neuesten Weltgerichtstriptychons wird von Alice Creischer und Andreas Siekmann gestaltet. Das Video Auf einmal und gleichzeitig. Eine Machbarkeitsstudie. Musikalische Szenen zur Negation von Arbeit, dokumentiert eine Performance, die Creischer und Siekmann in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Christian von Borries 2007 auf der documenta 12 in einem Kasseler Einkaufszentrum neben dem Fridericianum gaben. In den fünf musikalischen Szenen wird die Warenwelt entzaubert, indem die Waren wieder in den Kontext ihrer Entstehung und den damit verbundenen unmenschlichen Arbeitsbedingungen auf dem globalen Arbeitsmarkt gesetzt werden.

Stellvertretend für die beiden ‘Flügelaußenseiten in Grisaille’ des Neuesten Weltgerichtstriptychons stehen zwei Arbeiten des belgischen Videokünstlers Herman Asselberghs. Sein Video Dear Steve versteht sich als offener Brief des Künstlers an Steve Jobs, in welchem er ihn nach den Produktionsbedingungen einer der beliebtesten Arbeitsinstrumente vieler Kunstproduzent_innen, des Laptops MacBook Pro, fragt. Für ein zweites Video, After Empire, schrieb Asselberghs zusammen mit dem belgischen Philosophen Dieter Lesage, der die Ausstellung kuratierte, das Drehbuch nach dem Buch Empire von Antonio Negri und Michael Hardt. After Empire hat im Rahmen der Ausstellung seine österreichische Premiere. Der 15. Februar 2003, so die These von After Empire, war ein Tag der Gerechtigkeit: der Tag, an dem Millionen von Menschen in hunderten Städten auf der ganzen Welt gegen den Krieg im Irak demonstriert haben. Zwar werden diese Bilder oft von anderen Bildern verdrängt, die Kunst aber unternimmt den Versuch, unbequeme Bilder in der Erinnerung wach zu halten: 2/15 statt 9/11. (Dieter Lesage)

 
Archiv-Screenshot:

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