We can't find the internet
Attempting to reconnect
Verbindung zu esel.at
Lorenz Estermann: visual range Event
Eröffnungsrede: Stella Rollig, Direktorin LENTOS Kunstmuseum Linz, um 18.30 Uhr
Objekte in menschenleerer Natur. Trostlos, verwirrend, puppenhaft und doch bewohnbar zugleich, so wirken die Gebilde des Künstlers Lorenz Estermann. Von reeller Architektur der 1960er und 1970er Jahre ausgehend, untersucht Estermann die Sinnhaftigkeit und Funktionalität der Architektur, indem er diese in utopisch architektonische Entwürfe transformiert. Nachgebaut mit Hilfe billiger Materialien und bemalt mit breiten gestischen Pinselstrichen, stehen diese Gebilde in der Gegend und sind: nutzlos! Es handelt sich um die Umsetzung der Malerei ins Dreidimensionale. Denn verfolgt man die Entwicklung des in Linz geborenen Künstlers, so ist die Hinwendung zum Körperhaften eine logische. Abgesetzte Flächen und die malerische Umsetzung dieser auf der Leinwand war ein wesentlicher Aspekt seiner früheren Malerei und die darauf folgende Benutzung von artfremden und ausgeborgten Bildmaterialien der Alltagsmedien, ging dann in seinen Collagen stringent weiter, um schliesslich in den Häusern mit ihrer Bemalung und schriftlichen Codierung einen vorläufigen Abschluss zu finden.
Utopie ist ein Begriff, der oft verwendet wird in Bezug auf Lorenz Estermann. Kleine Häuser, die an Busshaltestellen erinnern, stehen umgebaut im Sinne eines Fischer- Strand- oder auch Poolhäuschen am Wasser und warten auf ihr sinnvolles Dasein. Das Material widerspricht dieser Funktion, ist doch die Wellpappe nicht stark genug einen sitzenden Fischer am Balkon zu tragen geschweige denn ist die Grösse dieser Behausung überhaupt imstande die Bestimmung zu erfüllen. Somit verkörpern seine Werke „… weniger den Willen zur Utopie und zum Zukunftskonzept… als vielmehr die künstlerische Auseinandersetzung mit dem dreidimensionalen Objekt und dessen Struktur und Kolorit an sich“, so Dieter Buchhart. Werden diese Häuser dann noch erhöht und in die Luft katapultiert und somit ihrer Erdung beraubt, entsteht ein überdimensionales Mobile – wie es etwas 2010/2011 unter dem Titel „Gloryville“ im Leopold Museum in Wien zu sehen war. Auch hier sind es nicht die farblich bestimmenden Flächen, die ein bewegtes Spiel von Form und Farbe in der Luft beschreiben wie etwa bei Alexander Calder sondern es sind diese geträumten, leeren Häuser, die ein fiktives Dorf beschreiben und somit einen „Nicht-Ort“ definieren.
Ausgangspunkt für Lorenz Estermanns Werke ist die Fotografie. Diese wird, wie im beschriebenen Konzept der Häuser im Sinne einer Inspiration verwendet, oder eben als reelle piktorale Grundlage für seine malerisch-zeichnerischen Umsetzungen. Die Chiffren, die in Form von scheinbaren Grafittis diese Bilder begleiten, können als Zeichen gewertet werden, in der Idee der Typografie. Diese spontanen Ideenskizzen werden in der Ausstellung „Visual Range“ den reellen Karton-Häusern gegenüber gestellt. So fremd und isoliert die einzelnen Kunstwerke durch ihr menschenleeres Wesen wirken, so vehement wird der Mensch als soziales Wesen damit angesprochen und deffiniert. Michael Glover schreibt: „Estermanns Objekte und Papierarbeiten haben keine praktische Funktion – außer insofern, dass sie existieren, um auf sich selbst modellhaft zu verweisen. Wie Gedichte, sind sie vollkommen nutzlose Dinge.“