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Die Tagebücher von Gerhard Amanshauser Event
Literarische Zeitgenossenschaft mit Scharfblick, höchsten Ansprüchen, schneidender Kritik und einigen Irrtümern – die Tagebücher von GERHARD AMANSHAUSER (1928–2006) ES WÄRE SCHÖN, KEIN SCHRIFTSTELLER ZU SEIN (Vorwort: Daniel Kehlmann; zum 85. Geburtstag erschienen, Residenz Verlag, 2012) • GÜNTHER STOCKER (Universität Wien) Einleitung und Moderation eines Gesprächs mit MARTIN AMANSHAUSER und PETER ROSEI • ausgewählte Passagen des Buches lesen Peter Rosei und Kurt Neumann
Obwohl der Schriftsteller Gerhard Amanshauser ein literarischer Einzelgänger war, haben ihn doch seine kritische Aufmerksamkeit und eine Art distanzierter Freundschaft mit vielen seiner Zeitgenossen verbunden. Distanz prägte auch sein Verhältnis zum eigenen Schreiben, und lakonisch protokolliert er seine Randstellung im literarischen Getriebe. 1987 hielt er auf Einladung der Alten Schmiede zwei »Wiener Vorlesungen zur Literatur« zum Thema Prosodie und Manierismus, die in freibord Nr. 61/62 und in seinem Buch Tische, Stühle & Bierseidel (1997) dokumentiert sind.
Ein filmisches Portrait des an sein Haus gebundenen kranken Schriftstellers ergänzt die Perspektiven, die sich aus der Lektüre der Tagebücher und dem Gespräch zwischen Amanshausers Freund Peter Rosei, seinem Sohn Martin und dem Literaturwissenschafter Günther Stocker gewinnen lassen.
Der Grund, warum ich mich mit 44 Jahren entschloss, Anmerkungen zu meinem Leben niederzuschreiben, war der, dass ich deutliche Anzeichen körperlicher Art zu bemerken glaubte, die auf einen frühen, wenn nicht unmittelbar bevorstehenden Tod hinweisen. Der Körper, oder, um mit Goethe zu reden, die Statur, die ich von meinem Vater geerbt hatte, war nicht viel wert. Ich konnte mich kaum der Illusion hingeben, dass ich damit bis zur nächsten Venus-Durchquerung kommen würde. Der Wunsch, ein Leben möge nicht ganz spurlos verschwinden, beruht auf verzeihlicher Eitelkeit. Die öffentlichen und äußeren Umstände meines Lebens waren freilich dürftig, wenn nicht kläglich; sie allein wären kaum eine Überlieferung wert. Dagegen war der Zustand meines Bewusstseins außergewöhnlich, wie ich leicht feststellen konnte, wenn ich auf die Äußerungen meiner Zeitgenossen achtete. So mag es für einige von Interesse sein, Notizen zu lesen, in denen Umstände und Zufälle skizziert sind, die nach und nach ein absonderliches Bewusstsein erzeugten. (Gerhard Amanshauser)
Wenn man in diesen Aufzeichnungen gelesen hat, so hat man nicht nur einen bedeutenden und viel zu unbekannten Schriftsteller – nein, es ist einem, als hätte man die Welt selbst als etwas Reiches und Vielfältiges wiederentdeckt. (Daniel Kehlmann)
Gerhard Amanshauser, *1928 in Salzburg, †2006 ebenda. Studium der Technik in Graz, der Germanistik und Anglistik in Wien und Marburg; kurze Tätigkeit als Englischlehrer, ab 1955 freiberuflicher Schriftsteller in Salzburg. Ausgezeichnet u. a. mit dem Österreichischen Würdigungspreis für Literatur 1994 und dem Großen Kunstpreis des Landes Salzburg 2003. Bücher (Auswahl): Satz und Gegensatz. Essays (1972); Schloß mit späten Gästen. Satirischer Roman (1975); Aufzeichnungen einer Sonde. Parodien (1979); List der Illusionen. Bemerkungen (1985); Mansardenbuch (1999); Terrassenbuch (1999); Als Barbar im Prater. Autobiographie einer Jugend (2001); Fransenbuch (2003); Die taoistische Powidlstimmung der Österreicher. Briefwechsel 1953–1986 mit Hermann Hakel (2005); Sondierungen und Resonanzen. Lektürenotizen (2007); Der anachronistische Liebhaber. Frühe Prosa (2007); Fett für den anonymen Kulturbetrieb. Essays (2008).