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Anna Jermolaewa, Thomas Feuerstein Event
ANNA JERMOLAEWA
Die in Wien lebende Künstlerin Anna Jermolaewa (* 1970) analysiert stereotype Rollenbilder in regulativen Hierarchien und totalitären Machtapparaten. In ihren Installationen, Fotografien und Videos dekuvriert sie Macht- und Kontrollmechanismen politischer Systeme und verweist auf die daraus resultierenden kollektiven und individuellen Erfahrungsprozesse. Die gefundenen und inszenierten Bilder werden zum Destillat einer kritischen Gesellschaftsanalyse, welche in kurz aufeinanderfolgenden Sequenzen die Abhängigkeiten und Repressionen des Individuums charakterisieren.
Mit dem wiederholten Zitieren und Montieren der Bilder stellt sich eine bewusste Umkehrung der Bedeutungsebene ein, die aus ihrem Kontext gelöst variable Leseweisen entwickeln. Die Disziplinierung und Konditionierung des Körpers kommentiert die Künstlerin mit Bewegungsabläufen und Situationen die ins Absurde kippen oder sich selbst entlarven. Die in ihrer Einfachheit reduzierten Szenen beschreiben den physischen und psychischen Erlebnisraum des Individuums, der sich zu einer zeitgenössischen Parabel politischen und gesellschaftlichen Handelns verdichtet. So verbinden sich im Werk von Anna Jermolaewa politische Kritik, die Polarität zwischen Individuum und Gesellschaft, manipulative Kräfte der Konsum- und Mediengesellschaft und ein grundsätzliches Interesse an der Freilegung von Grundmustern menschlicher Existenz und seiner Wahrnehmung. In die prozessorientierte Arbeitsweise bringt die Künstlerin auch vereinzelt autobiografische Verweise ein, indem sie Ereignisse ihrer persönlichen Geschichte, wie etwa ihre Flucht aus der damaligen UdSSR im Jahr 1989, zum Thema macht. Die Ausstellung in der Kunsthalle Krems zeigt erstmals einen umfassenden Überblick ihres Schaffens aus den letzten 15 Jahren mit einer Schwerpunktsetzung auf aktuell entstandene, erstmals gezeigte Werke.
Kurator: Hans-Peter Wipplinger
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THOMAS FEUERSTEIN - CANDYLAB
Künstler, Alchemist und Trickster - Thomas Feuersteins (*1968) Werke offenbaren latente Verknüpfungen zwischen wissenschaftlicher Faktizität und künstlerischer Fiktion.
Seine Arbeiten manifestieren sich in den Medien Installation, Objektkunst und Skulptur, Zeichnung, Malerei, Fotografie, Video und Netzkunst. Stets nimmt das Zusammenspiel sprachlicher und visueller Elemente einen zentralen Stellenwert ein. Mit der von ihm entwickelten künstlerischen Methode der konzeptuellen Narration verfolgt Thomas Feuerstein Spuren, die von der griechischen Philosophie über Physik und Chemie bis hin zu Computersystemen reichen. Abgesteckte Grenzen und Kategorien von Kunst und Wissenschaft auslotend und überschreitend, bewegt sich der österreichische Künstler ähnlich einem Trickster im Dazwischen. Wie dieser akzeptiert Feuerstein keine Beschränkungen, sondern bringt mit Hilfe von List und Trick die Ordnung im Universum durcheinander: Kulturelle System- und Symbolproduktionen werden hinterfragt, Gegensätze aufgehoben und gewohnte Stabilitäten als kontingente Zustände mit überraschenden Wendungen präsentiert.
CANDYLAB ist Ausstellung und Laboratorium. In seinen Anordnungen verknüpft Thomas Feuerstein wissenschaftliche Theorien mit konzeptuell-ästhetischen Prozessen zu Erzählungen mit Symbolkraft. Als Ausgangspunkt seiner Apparaturen, in denen sich die künstlerischen Transformationen materialisieren, dient die Sprache. In der Installation „Pancreas“ verwandelt Feuerstein über einen molekularen Zersetzungsprozess Georg Wilhelm Friedrich Hegels „Phänomenologie des Geistes“ in Zucker. Buchseite für Buchseite wird die aus der Literatur gewonnene Glucose zum Werkstoff für Skulpturen und Gemälde.
Doch nicht nur das geschriebene, auch das gesprochene Wort gerät bei Feuerstein von einem Aggregatzustand in den nächsten. „Poem“ lautet der Titel der Installation, die den Besucher zu Wort bittet: Feuchte Atemluft, die diesem beim Sprechakt in den Ausstellungsraum entweicht, kondensiert am kalten Metall der Arbeit „Verbale“. In biochemischen Prozessen zu Alkohol destilliert, findet sich das verflüssigte Wort in Flaschen abgefüllt im Barschrank „Genius in the Bottle“ wieder. Ob Zucker oder Alkohol – für Thomas Feuerstein ist Kunst Gehirnnahrung und Treibstoff gleichermaßen.