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Mit großer Vehemenz vertrat Carl Theodor Dreyer schon zu Beginn seines Schaffens die Auffassung, dass Film eine Kunstform sei (oder sein sollte). Als jedoch ein anderer prominenter dänischer Filmemacher, Benjamin Christensen, für Regisseure, die ihre eigenen Drehbücher schreiben und dem gesamten Film ihre Persönlichkeit aufprägen, den Begriff des „Filmdichters“ vorschlug, widersprach Dreyer. In einem Aufsatz von 1920 verglich er den Filmregisseur mehr mit dem Theatermacher, der als Interpret von Werken anderer Künstler agiert. Ich werde in meinem Vortrag darüber sprechen, wie Dreyer durchwegs literarische Quellen für seine persönlichen Zwecke adaptierte, wie er sich von der Bildenden Kunst inspirieren ließ und doch jedes Mal etwas ganz Eigenes schuf. Besondere Aufmerksamkeit möchte ich Vampyr widmen, als literarischer Adaption, als einzigartiger visueller Erfahrung - und als Vampirfilm. (C.T.)
Casper Tybjerg ist Professor der Filmwissenschaft an der Universität von Kopenhagen und Autor zahlreicher Texte über Dreyer und das dänische Kino, u. a. für Sight & Sound, Film History und die Audio-Kommentare vieler Dreyer-DVD-Editionen.
In englischer Sprache
anschl.
Vampyr (1932)
Regie: Carl Theodor Dreyer; Drehbuch: Dreyer, Christen Jul nach „Carmilla“ von Sheridan le Fanu; Kamera: Rudolph Maté; Musik: Wolfgang Zeller; Darsteller: Julian West (alias Nicolas de Gunzburg), Henriette Gerard, Jan Hieronimko, Maurice Schutz, Sybille Schmitz. s/w, 77 min (dt. Fassung) + 71 min (frz. Fassung)
Sich selbst sehen im Sarg beim eigenen Begräbnis. Vampyr handelt den Alptraum nicht nur ab, sondern breitet die Atmosphäre des schrecklichen Träumens über den ganzen Film aus: Ungewissheit, ungreifbare Bedrohung, Gespaltensein in Träumenden und Geträumten. Ein Horrorfilm der Imagination. Statt kruder Deutlichkeit ein (wie es Dreyer nennt) „unbestimmtes Ausmalen des Übersinnlichen“. Statt Verzerrung des Realen (in der Art des Caligarismus, mit der der Film nichts gemein hat) das Spiel von Ahnung und Andeutung, umfangen, halb verhüllt von der Gegenwart ständiger Nebel. Dreyers erster, überaus sparsamer Tonfilm ist ein Werk voll bedrückender Intensität und bohrender Ruhe, gleichwohl ein Triumph visueller Schönheit. Hundertfältig die Valeurs von Grau und Weiß, ein Gewebe aus gespenstischem Dunst, in dem Wirklichkeit und Traum ununterscheidbar sind. (H.T.)
Freier Eintritt für Fördernde Mitglieder am 4.11.
