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Hania Siebenpfeiffer: “Defining sensation … that is … defining blueness to the image of a square, or sound in the picture of a triangle …” (Samuel Clarke). Synästhesie im frühen 18. Jahrhundert
Als der französische Physiologe Alfred Vulpian im Jahr 1866 Synästhesie als die unwillkürliche Vermischung niederer Sinnesreize definierte und damit ihre medizinische Psychopathologisierung vorbereitete, war das Phänomen selbst schon seit 200 Jahren bekannt. Athanasius Kircher hatte 1645 in seiner Schrift “Ars magna lucis et umbrae” als Erster das Vermögen der Einzelsinne um die synästhetische Empfindung erweitert; einige Jahre später konstruierte er die erste synästhetische Apparatur, eine “Augenorgel”, die Worte in (Farb-)Bilder übersetzte. Damit war der Weg frei für mannigfaltige apparative und gedankliche Experimente in den Verschmelzungszonen der Sinne und die Synästhesie avancierte an der Schwelle zum 18. Jahrhundert zu einem Phänomen, das in der eigenen sinnlichen Entgrenzung die Grenzen der menschlichen Erkenntnis sichtbar zu machen versprach. Insbesondere die Philosophie und die Literatur zeigten sich von ihr fasziniert. Hania Siebenpfeiffer geht diesen Dimensionen der Synästhesie nach und spricht darüber, wie die synästhetische Erfahrung im frühen 18. Jahrhundert als Aisthesis das grundsätzliche menschliche Vermögen zu sinnlicher Polymodalität und Simultanität verkörperte und zugleich im Sinne der Ästhetik zum Paradigma einer Aesthetica universalis erhoben wurde, der sich vor allem die Naturlyrik des 18. Jahrhunderts verschrieb.
