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rewind

Johanna Kandl - The Missing Guardian Event

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Dienstag
27. März
2018
ab
19:00
Uhr
Galerie Christine König
Schleifmühlgasse 1a
1040 Wien
- Christine König Galerie Schleifmühlgasse 1A 1040 Wien
Bildende Kunst Zeitgenössische Kunst Ausstellung

Ausgewählte Einzelausstellungen:
2009 Snipers on the Market, Galerie Kisterem, Budapest; 2007 Geography is Dead, Dortmunder Kunstverein; 2006 Kämpfer, Träumer & Co., Lentos Kunstmuseum Linz; 2005 I Sell Paintings What Do You Sell?, Christine König Galerie, Wien; 2004 You never know what will happen next, Galerie Six Friedrich Lisa Ungar, München; speaking in public, Art 35 Basel; 2003 speaking in public, 9. Internationale Cairo Biennale; From Baghdad to Babylon, Austrian Cultural Forum London; Kämpfer für’s Glück, Kunstverein Ulm; 2002 Kämpfer für’s Glück, Christine König Galerie, Wien; Wien - Berlin - Baku, Kooperationsprojekt Porsche Holding und Salzburger Kunstverein, Salzburg; Kontakt, Moravska Galeria, Brünn; Galerie für Zeitgenössische Kunst, Leipzig; 2001 don’t worry, be happy, Fotohof Salzburg; Your way to the top, Arbeit im öffentlichen Raum in Zusammenarbeit mit dem museum in progress, Wien; 2000 in an open market…, Tageszeitung Der Standard; Initiative von transact, museum in progress, Wien; DerDieDas FREMDE, Christine König Galerie, Wien (mit Olga Chernysheva, Kara Walker).

Thomas Mießgang, 2009
Aus der enormen Fallhöhe zwischen globalkapitalistischen Suggestionen und einer mickrigen Lebensrealität, wo es ums Überleben und nicht um den dritten Lear-Jet geht, beziehen Johanna Kandls Bild-Text-Kombinationen ihre Irritationen und gelegentlich auch eine schräge Komik. “Ich genieße den Reiz,” sagt die Künstlerin, “dass sich eine Kluft aufspannt zwischen Bild und Text und so ein Aha-Effekt entsteht.”
Das randständige Wirtschaften drängt sich immer wieder ins Zentrum ihrer Kompositionen, nur die geographischen Zuordnungen wechseln: Viktor Adler-Markt in Wien, Belgrad, Baku, Ukraine, Bosnien, die Karl Marx-Allee in Berlin, oft am Rande der Gemälde mit Jahresangabe vermerkt. Es ist eine Welt im Prozeß der Transformation, die Johanna Kandl in kleinen Wirklichkeitsausschnitten festhält. Und sowenig die Arbeiten abstrakt sind, sowenig ist es der Prozeß ihrer Entstehung. Ausgangspunkt sind meist Fotos, die sie selbst oder ihr Mann Helmut Kandl gemacht haben. Das globale Bilderarchiv, ob es vom Internet oder von Zeitschriften gespeist wird, interessiert sie nicht. Ihre Kunst ist ein Bekenntnis zum Partikularen, zu Erzählfragmenten, die sich nicht zu einer großen Narration ordnen lassen wollen, sondern im Zustand des Chaos, ja des Chthonischen verharren. Die aktuelle Wirtschaftskrise arbeitet Johanna Kandls Weltdeutungsmodulen noch zu, und zwar, indem sie die Text-Bild-Kombinationen retroaktiv mit negativer Energie auflädt: Jetzt geht es nicht mehr nur um ein disproportionales Verhältnis zwischen einem sich in seinen Slogans und rhetorischen Pathosformeln siegesgewiß gebärdenden Superkapitalismus und dessen weniger kapitalintensiven Randlagen, sondern um eine universale Dystopie. Die Versprechen haben nicht einmal auf dem obersten Level gehalten, wo die Herren der Welt aus der Londoner City und von der Wall Street mit Derivaten, Ninja-Krediten und abstrusen Finanzprodukten jonglierten.
Der Kapitalismus sei der erste Fall eines nicht entsühnenden, sondern verschuldenden Kultus, hat Walter Benjamin 1927 in einem auch heute noch lesenswerten Text geschrieben. “Es liegt im Wesen dieser religiösen Bewegung, welche der Kapitalismus ist, das Aushalten bis ans Ende, bis an die endliche völlige Verschuldung Gottes, den erreichten Weltzustand der Verzweiflung, auf die gerade noch gehofft wird. Darin liegt das historisch Unerhörte des Kapitalismus, dass Religion nicht mehr Reform des Seins, sondern dessen Zertrümmerung ist.” (zit. Walter Benjamin)

Johanna Kandls Reportagen vom Rande der Welt und vom Ende einer Epoche, sind Versuche, die Welt in der wir leben und deren visuelle Substrate uns als mediale Serienbilder um die Ohren fliegen, epigrammatisch in den Zustand der dauerhaften Bildwerdung zu überführen - Malerei hat mehr Plastizität, Materialität und Authentizitätsversprechen als Fotografie - und gleichzeitig in ihrem illusionistischen Charakter kenntlich zu machen. Ein subtiler Balanceakt, der in den gelungensten Momenten eine Ontologie der Instabilität zu begründen imstande ist. “Manchmal holt einen die Geschichte ein,” sagt Johanna Kandl. “Vielleicht wird meine Arbeit durch die Krise schärfer. Auf jeden Fall aber anders.”

 
Archiv-Screenshot:

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