We can't find the internet
Attempting to reconnect
Verbindung zu esel.at
Insel Nr. 7: Amanda Pina / Nadaproductions (RCH/A) Socialmovement / theatre down Event
Das Projekt Gravity stellt die Frage, wie sich der zeitgenössische Tanz im Kräftefeld von Kunst und Gesellschaft bewegt. Welches Gewicht, welche Schwere oder Schubkraft kann der Tanz in einer Zeit entwickeln, in der das Leichte im Trend ist? Das Projekt möchte unterschiedliche Perspektiven und Lesarten auf das anbieten, was Choreografie heute über Gesellschaft zu sagen hat, auch wenn dies nicht offensichtlich ist und sich vielleicht eher in der rhythmischen Form oder stillen Intensität von Kommunikation entdecken lässt. KünstlerInnen mit unterschiedlichen Ästhetiken werden eingeladen, hierzu choreografische Skizzen zu zeigen. Der Entwurfscharakter der Skizze gibt Einblicke in das, was im künstlerischen Werk oft nicht mehr sichtbar ist. Zugleich ermöglicht das Format der Skizze spezifische Momentaufnahmen gesellschaftlicher Empfindungen.
Bedarf die Kunst, um gesellschaftliche Kräfte ein- und abschätzen zu können, einer unverstellten Sicht auf das, was sie umstellt und überragt? Oder kann und will der Tanz einen solchen Abstand überhaupt nicht herstellen, weil er gerade durch den Körper immer schon in Lebensvollzüge verwickelt ist? Die Schwerkraft, die Schwere, die Verlagerung des Gewichts, das Wiegen und Abwägen, das jeder Körper ständig automatisch vollzieht, verbindet gerade den Tanz mit der alltäglichen Erfahrung.
“Tanze Rosetta, tanze, dass die Zeit mit dem Takt deiner niedlichen Füße geht!” ruft Leonce Rosetta in Georg Büchners Stück Leonce und Lena zu. Doch sie antwortet: “Meine Füße gingen lieber aus der Zeit”.
Gravity beleuchtet das Territorium zwischen Individuum und Gesellschaft und öffnet die Diskussion, wie die Abdrücke der Gesellschaft und ihrer Technologien im zeitgenössischen Tanz spürbar werden: Sei es im Sog, der den Einzelnen in die Menge hineinzieht. Oder sei es, dass ein Einzelner hartnäckig stört, weil der Körper aufbegehrt, ausschlägt und sich nicht fügen will - wie im Fall von Rosetta, wo nicht sie es ist, die lieber aus der Zeit ginge, sondern es sind ihre Füße…
Tanz hat im Kräfteverhältnis von Kunst und Gesellschaft auch historisch betrachtet eine besondere Funktion: Im Hoftanz bildeten sich politische Ordnungen ab. Im Gesellschaftstanz zeigte und zeigt sich Verhalten als eine spezifische Form der Kommunikation. Der Tanz verändert sich mit den gesellschaftlichen Bedingungen, die doch Rahmen und Material für seine Kunst bilden. Ob sich dabei die Weltflucht des romantischen Balletts wiederfinden lässt oder ein erweitertes Verständnis von Bewegung neue Kommunikationsprozesse generiert – ob also der Tanz in die Zeit hinein- oder aus der Zeit hinausläuft, erscheint gleichermaßen aufschlussreich.
Die sechs performativen Skizzen, die speziell für diesen Zusammenhang entstehen, werden durch ein Rahmenprogramm mit Kurzvorträgen und visuellen Beiträgen ergänzt.
Eine Kooperation von Tanzquartier Wien und Siemens Arts Program
Tanz und Performance: Amanda Piña, Daniel Zimmermann, Rotraud Kern, Ewa Bankowska, Laia Fabre Dramaturgie: Daniel Zimmermann Produktionsleitung: Elisabeth Hirner Sound: Earzumba
In Socialmovement / theatre down! beschäftigt sich Amanda Piña mit Erinnerungen an ihre Kindheit im grauen und dennoch dynamischen Santiago de Chile der 80er Jahre und versucht Aspekte einer sozialen Bewegung mit denen eines performativen Ereignisses im Rahmen des Theaters zu vergleichen und zu überlagern. Im Zentrum der Performance-Skizze der in Wien lebenden chilenischen Choreografin und Performerin Amanda Piña steht der Einzel-Körper in Relation zum Körper einer Masse.
Welche Bewegungen produziert das Individuum innerhalb einer Menschenmasse bei einer politischen Manifestation? Die Energie, die erzeugt wird, wenn Menschen sich zusammen bewegen um Strukturen zu verändern und die Auseinandersetzung mit der Veränderung, die dabei den Körper erfasst, bezieht sich in Piñas Arbeit auf das Theater selbst:
In letzter Konsequenz werden die Möglichkeiten und Grenzen des institutionellen Raums Theater als Raum der Kommunikation, der Repräsentation, der Fiktion, der Wiedererkennung ausgelotet, - um so die Möglichkeit des Theaters zu prüfen, sich selbst zu “manifestieren”.