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Bjarne Melgaard: "Chickenhawk" Event
Die Galerie Krinzinger freut sich nach der Ausstellung „Minipigs in Space“ 2006 nun mit der Ausstellung „Chickenhawk“ wieder eine Soloausstellung des norwegischen Künstlers Bjarne Melgaard zu zeigen. Der 1967 geborene und mittlerweile in New York lebende Künstler hat seit Beginn der 1990er mit seinen radikalen Werken auf sich aufmerksam gemacht.
Skulpturen, Photographien, Zeichnungen, Malereien, Installationen, Environments, Möbel und Texte sind Teil seines künstlerischen Outputs, der sich meist mit den psychischen und physischen Abgründen des Menschen auseinandersetzt. Tod, Schmerz, Sadomasochismus, Selbstverletzung, Drogenkonsum, Eskapismus und Tötungsphantasien treffen in Melgaards Werken aufeinander, eine explosive Mischung die seine Ausstellungen öfters an den Rand der Legalität getrieben hat. Seine Kompromisslosigkeit in Grenzüberschreitungen und Tabubrüchen liegt einerseits in seiner persönlichen Lebensrealität begründet, andererseits geht es in seinem Œuvre um Identität an sich und ihre Konstruktion.
Die Selbstfindung, -erfindung und Repräsentation derselben ist in Sub- und Hochkultur stark ausgeprägt, und beide sind in Melgaards Welt voller Extreme anzutreffen. Ebenso prallen hier verschiedene Medien aufeinander wie persönliche Erfahrungen auf subjektive Projektionen, der Glamour einer fetischisierten Waren- und Luxuskultur auf die existenziellen Diskrepanzen einer brutalen Wirklichkeit.
Diese Welt beschreibt er vorwiegend über seine Malerei: die ist expressiv, ja fast rotzig, und kommt in letzter Zeit in knallig miteinander kombinierten Farben daher. Dem schnellen gestischen Strich in der Fläche setzt Melgaard fast zeichnerische, grafische Elemente entgegen, die einerseits die Flächen begrenzen und andererseits wieder Strukturen bilden die zeichnungsartig die Malerei überblenden. Was Melgaard schafft sind Malereien die gleichzeitig die Intimität der Zeichnung tragen können während sie die Monumentalität und körperliche Dimension der Malerei behaupten können.
Ein wiederkehrendes Motiv in den Werken von Melgaard ist der Chihuahua, der auch hier mit den Attributen der Traurigkeit, Unschuld, Sensibilität und impliziertem Missbrauch versehen in den Bildern auftaucht. Den Hund vergleicht Melgaard gerne mit seiner Rolle als Künstler: „Being an artist and exhibiting your works is like asking to be raped – you are showing yourself completely.“ Und genauso fühlt es sich an, wenn man vor der Serie von Arbeiten steht, die sich um die Dialyse drehen: Blut wird hier gereinigt, kranke Körper geheilt. Der Körper ist kein Tempel, macht Melgaard dem Betrachter klar, mit „Self portrait as a paranoid building“ untertitelt er eines der Werke. Katharsis ist hier ein anderes Wort für die Zwänge des Seins, das Gebundensein an Physis und Psyche: Zwei Umstände die maßgeblich an der Ausbildung sexueller Triebhaftigkeit beteiligt sind, wie sie uns im Titel „Chickenhawk“ wieder begegnet („Chickenhawk“ ist in der Umgangssprache der amerikanischen und britischen Schwulenszene eine Bezeichnung für einen älteren Mann mit einem Faible für jüngere Partner). Eine sexualisierte Physis ist es auch, die uns Melgaard in Form einer Tonskulptur vorsetzt: ein „Cock Monster“, eine Figur über und über mit Penissen überzogen steht mahnend da, ebenso eine weitere fast amorphe Figur aus Ton, die mit Beulen übersäht drohend einen Arm erhebt. Vier weitere Skulpturen komplettieren die Schau – es sind langhaarige Männerfiguren, Heavy Metal Fans die posieren: Einer holt zum Stich in den Rücken eines anderen aus, ein weiterer hält einen Hund in die Höhe, ein dritter hält eine Mano cornuto in die Höhe, während ein vierter sein überdimensioniertes und deformiertes Glied von sich streckt.
Es handelt sich also um eine klassische Melgaard Ausstellung: Sexualität trifft auf Tod, Verletzlichkeit auf Brutalität, Punk auf Hochkultur. Abgerundet wird die Schau nämlich von einer Serie von Möbeln die von Friedrich Kiesler entworfen und von Melgaard mit eigenen Stoffentwürfen überzogen wurden.
Bjarne Melgaard, geboren 1967 in Sidney, aufgewachsen in Norwegen, lebt und arbeitet in New York.
Einzelausstellungen fanden u.a. in folgenden Institutionen und Galerien statt: Greene Naftali Gallery, New York (2008), Minipigs in Space, Galerie Krinzinger, Wien (2006), Hallo Maybe, Haugar Vestfold Museum, Oslo (2005), Scam, Bergen Kunsthall (2003), Black Low, MARTa Herford (2002), Bjarne Melgaard, Galerie Krinzinger (2001).
Gruppenausstellungen (Auswahl): Paul Thek – Werkschau im Kontext zeitgenössischer Kunst, ZKM, Karlsruhe / Sammlung Falckenberg, Hamburg (2007/2008), Euro-Centric. Part 1, Rubell Family Collection, Miami (2007), Beneath the Underdog, Gagosian Gallery, Madison Avenue, New York (2007), PLAYLIST, Palais de Tokyo, Paris (2004).