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Vortrag: Karl-Heinz Kohl - Die Ethnologie und der Neotraditionalismus Event
Seitdem sich die Ethnologie als wissenschaftliche Disziplin etablierte, sahen die EthnologInnen es als ihre wichtigste Aufgabe an, die traditionellen Lebensformen der von ihnen untersuchten Gesellschaften für die Nachwelt so genau wie möglich zu dokumentieren, denn sie waren vom unmittelbaren Aussterben dieser Gesellschaften überzeugt. Die “autochthonen” Kulturen sind den Einflüssen der westlichen Zivilisation jedoch nicht gänzlich erlegen. Viele von ihnen haben eine erstaunliche Widerstandskraft bewiesen, passen sich heute erfolgreich an die Herausforderungen der Globalisierung an und versuchen, ihre alten Traditionen wieder in Kraft zu setzen. In den gegenwärtigen neotraditionalistischen Bewegungen spielen die historischen Aufzeichnungen von EthnologInnen als Mittel der kulturellen Identitätsfindung eine wichtige Rolle. Doch erhebt sich die Frage, wie “traditionell” die von ihnen damals dokumentierten Lebensformen tatsächlich waren. Hat es sich dabei nicht vielleicht nur um historische Momentaufnahmen von Gesellschaften gehandelt, die sich schon immer im Wandel befanden? Waren es möglicherweise die westlichen Ethnografen selbst, die diese Momentaufnahmen als scheinbar unveränderliche “Traditionen” festgeschrieben haben?
Karl-Heinz Kohl ist Professor für Ethnologie an der Goethe-Universität Frankfurt/Main, Direktor des Frobenius-Instituts und o. Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. 2001/2002 lehrte er als Theodor-Heuss-Professor an der New School for Social Research in New York. 2007 wurde er zum Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde gewählt. Er ist IFK_Gast des Direktors.
Publikationen (u. a.): Die Macht der Dinge, München 2003; New Heimat, New York 2001; Ethnologie – die Wissenschaft vom kulturell Fremden, 2. Auflage, München 2000; Der Tod der Reisjungfrau, Stuttgart 1998; Entzauberter Blick, 2. Auflage, Frankfurt/Main 1986.