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Vortrag Ingrid Hölzl (Fototheoretikerin), Digitale Morphologien des Fotografischen – der Ken Burns-Effekt
Seit der Jahrtausendwende scheint die Debatte um den Authentizitätsverlust des Fotografischen im Zeitalter des digitalen Bildes abgeflaut zu sein. Junge Fotografinnen und Fotografen bedienen sich heute ganz selbstverständlich analoger und digitaler Verfahren der Bildaufzeichnung, Verarbeitung und Präsentation. Die wiederholt prophezeite Auflösung des Fotografischen in der digitalen Medienemulation hat mitnichten stattgefunden; dies belegt allein schon die überwältigende Präsenz von Großformatfotografien in aktuellen Ausstellungen. Das Primat der optischen Aufzeichnung ist angesichts der Ubiquität digitaler Bildbearbeitung zwar gebrochen; als Phantombild besteht diese jedoch weiter fort: Computergrafik generiert nicht selten Bildwelten, die (foto)realistischer erscheinen als ihre indexikalischen „Vorbilder“. Was aber bedeutet die Einspeisung analoger Fotografien in Bildbearbeitungsprogramme bzw. die Ausgabe der Daten als analoge, d.h. auf fotochemischem Wege hergestellte Prints für den Status des fotografischen Bildes? War die Fotografie nicht immer schon digital: das Fotokorn getroffen oder nicht getroffen? Wie kann die Hybridisierung von indexikalischen und errechneten Bildern, von Zufall und Berechnung, von Fotokorn und Pixel theoretisch formuliert werden? Ist es noch statthaft, von Fotografien (im Sinne des Lichtbildes) zu sprechen? Oder müsste vielmehr von einer je spezifischen Kopplung von Hard- und Software bei Aufnahme/Herstellung, Entwicklung/ Bearbeitung und Druck foto- bzw. computergrafischer Bilder gesprochen werden?
Nicht nur die Lichtabhängigkeit ist mit der digitalen Simulation der fotografischen Optik mittels virtueller Kamera und Dunkelkammer obsolet geworden, auch die Differenzierung zwischen bewegten und unbewegten Bildern wird in der digitalen Postproduktion und Präsentation optisch aufgezeichneter Bilder zunehmend problematisch: Fotografien werden „animiert“ und so zu Videos. Umgekehrt unterscheiden sich digital projizierte Videostills in keiner Weise von digitalen Diapräsentationen; Videoaufnahmen oder ganze Filme können auf ein einziges, abstraktes Bild komprimiert werden. Die digital forcierte Konvergenz von Fotografie und Video bringt somit auch die Auflösung der Orts- und Zeitgebundenheit beider Medien mit sich: Nicht mehr das „es ist gewesen“ des Moments bzw. der Dauer, sondern ein hypothetisches „what if?“ scheint die Grundlage aktueller Produktion und Rezeption von Bildern zu sein. Gilt diese Feststellung aber tatsächlich erst für das digitale Zeitalter oder sind analoge Verfahren wie Doppelbelichtung, Fotocollage, Inszenierung etc. Vorläufer einer Fiktionalisierung des Faktischen und die „Objektivität“ der Neuen Medien des 19. und 20. Jahrhunderts (Fotografie, Film, Fernsehen, Video) ebenso ein Diskurseffekt wie die angebliche „Virtualität“ der digitalen Medien des 20. und 21. Jahrhunderts? Diese und andere Fragen kritisch zu „beleuchten“ und im Kontext der Ausstellung Mutations II zur Diskussion zu stellen, ist Ziel der Vortragsreihe.
