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Viennale: Stranger than Paradise Event
Während der Dreharbeiten fragten mich Leute, die nicht zum Team gehörten, welche Art von Film wir eigentlich machten. Ich wollte ihnen sagen, daß es eine «quasi neo-realistische schwarze Komödie im Stil eines von Ozu besessenen und mit der amerikanischen Fernsehshow “The Honeymooners” aus den 50er Jahren vertrauten imaginären osteuropäischen Filmregisseurs» sei. Statt dessen murmelte ich etwas von einer kleinen Geschichte von ungarischen Immigranten und ihrer Sicht von Amerika. Keine der Antworten war richtig, doch die Frage ließ mich erkennen, dass es einfacher ist, über die Form des Films zu reden, als darüber, «worum es geht», oder was sich in der Geschichte ereignet. Ich wollte, dass der Film in seinem Handlungsstil und den Details seiner Schauplätze sehr realistisch ist, ohne viel Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass die Geschichte in der Gegenwart spielt, zu lenken. Die Form ist sehr einfach: eine Geschichte, erzählt in Fragmenten, jede Szene mit einer einzigen Einstellung gefilmt, und jede von der anderen durch einen kurzen Moment schwarzer Leinwand getrennt.
Carl Dreyer schrieb in einem seiner Essays über die Kunst der Einfachheit, dass, wenn alle überflüssigen Dinge aus einem Raum entfernt würden, die wenigen übrigbleibenden Dinge zu etwas wie einem «psychologischen Befund der Persönlichkeit des Bewohners» würden. Anstatt diese Idee in Stranger Than Paradise nur auf das Vorhandensein der Dinge anzuwenden, haben wir sie auch auf die formale Art des Erzählens der Geschichte angewendet. Einfache Szenen werden in chronologischer Abfolge gezeigt, jedoch oft unabhängig voneinander. Nur ausgewählte Momente werden dargestellt, Stellen mit «dramatischer Handlung» sind so zum größten Teil eliminiert.
(Jim Jarmusch, Stadtkino-Programm Nr. 69)
JIM JARMUSCH
Geboren 1953 in Akron, Ohio. Filmstudium u.a. an der New York University, wo er Assistent von Nicholas Ray wird. Er ist Produktionsassistent bei dessen (gemeinsam mit Wim Wenders gedrehtem) Nick’s Film - Lightning Over Water (1979). Sein Diplomfilm Permanent Vacation (1980) wird ein weltweiter Erfolg und etabliert ihn als führenden Exponenten des amerikanischen Independent Cinema. Jarmuschs Filme gewinnen zahlreiche Preise. Er dreht Musikvideos, u.a. für die Talking Heads, Big Audio Dynamite und Tom Waits sowie 1997 mit/für Neil Young den Dokumentarfilm Year of the Horse (VIENNALE 97). Weitere Filme (Auswahl): Down By Law (1986), Mystery Train (1989), Dead Man (1995), Ghost Dog - The Way of the Samurai (1999, VIENNALE 99), Coffee and Cigarettes (2003, VIENNALE 03).