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JOÃO RIBAS
Der Begriff der Freiheit ist aufs engste mit der politischen Ökonomie des Kapitalismus verbunden; der in der modernen politi- schen Philosophie fest verwurzelten Vorstellung vom Gleichschritt von Entwicklung und Freiheit nach ist ein freier Markt unver- zichtbare Vorbedingung politischer Freiheit. Doch da es unmöglich geworden ist, sich Freiheit ohne Kapitalismus vorzustellen, ist es andererseits auch unmöglich, über den modernen Kunstbegriff zu sprechen, ohne sich auf das kapitalistische Subjekt zu bezie- hen – also auf die Form eines radikal individuellen Subjekts. In der Tat definieren die Setzung nicht quantifizierbarer Werte – Geschmack, Wahnsinn, Eingebung – und die Herausbildung eines radikalen politischen Subjekts – das des Künstlers – künstleri- sche Produktion auf der Grundlage genau von Werten, die sie von denen des Kapitals abheben. Doch war die Gestalt des Künstlers und seiner Arbeit einst Emblem der emanzipatorischen Vorstellung vom ‚Individuum’ – in einer Gesellschaft, in der letzteres noch nicht vollends aufgetreten war –, verliert diese Vorstellung durch die heutige Demokratisierung subjektiven Ausdrucks ihre Radikalität? Kann man die Produktion von Kunst anhand ihres Ver- hältnisses – oder genauer: ihrer Distanz – zum Kapitalismus von der Frühzeit des modernen Markts bis in die immaterielle Ökono- mie des Spätkapitalismus nachzeichnen? Eröffnen Kunst und das mit ihr implizit gegebene Subjekt von Freiheit einen Horizont möglicher neuer Formen gesellschaftlicher Organisation? Oder sind Kunst und Kapital untrennbar ineinander verflochten?
João Ribas (geb. 1979 in Braga, Portugal) ist Kurator am Drawing Center in New York und Kunstkritiker. Seine Aufsätze zu Kunst, Film, Literatur und Design sind in Veröffentlichungen in aller Welt erschienen; er hat mehrere Überblicksausstellungen, Projekte und Ausstellungen in den USA und anderen Ländern kuratiert. Er
hält regelmäßig Vorträge zu Ästhetik und Kulturtheorie und ist
derzeit Assistenzprofessor an der School of Visual Arts in New York.
