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Die unscheinbare Bildfigur des Mohrenpagen bezeichnet in der europäischen visuellen Kultur (von Tizians Bildnis der Laura dei Dianti 1525 bis zum Wiener Meinl-Mohren) den Zusammenhang zwischen Luxuskonsum und Sklaverei. Besonders deutlich wird die Verdinglichung von AfrikanerInnen in der Stilllebenmalerei des Barock, die Mohrenpagen mit tropischen Muscheln, chinesischen Vasen und türkischen Teppichen im Reich der mobilen Exotica verortet. Aber auch die Porträtmalerei negiert in einer demonstrativen Art und Weise die Subjektivität von AfrikanerInnen in der Repräsentation. Mohrenpagen werden als zeichenhafte Objekte und Attribute ihrer BesitzerInnen eingesetzt, um deren im Bildnis gefeierte Individualität und Autonomie als prinzipiell weiß zu markieren. Die europäische Malerei hat mit dieser Figuration einer inkludierten Exklusion entscheidend zu einer Semantik der Hautfarben beigetragen, die koloniale Machtverhältnisse im Körperbild naturalisiert und mit visueller Evidenz legitimiert. Im Unterschied zu der Kritik, die einen europäischen Subjektstatus für die Kolonisierten reklamiert, wird der Vortrag die Bildfigur des Mohrenpagen in der Malerei des 17. Jahrhunderts als Relativierung dieses Subjektmodells lesen. Es geht um einige Gemälde, die die Abhängigkeit europäischer Identitätsbildung von einem konstitutiven Außen thematisieren und positivieren. Viktoria Schmidt-Linsenhoff will in ihrem Vortrag die Spielräume einer kritischen Selbstreflexion innerhalb der entstehenden Kolonialkultur in der Frühen Neuzeit herausarbeiten, die aus einer postkolonialen Perspektive heute von Interesse sind.
Viktoria Schmidt-Linsenhoff ist IFK_Senior Fellow, war bis 1991 Kuratorin am Historischen Museum Frankfurt/Main und ist seitdem Professorin für Kunstgeschichte an der Universität Trier. Forschungsfelder: Künstlerinnen und Künstlermythen 17.–21. Jahrhundert, Fotografie, Exotismus und Primitivismus.
