We can't find the internet
Attempting to reconnect
Verbindung zu esel.at
Begriffsarbeit und Gegenstandsversenkung Event
Begriffsarbeit und Gegenstandsversenkung. Philosophie in der Ästhetik – Ästhetik in der Philosophie
Der Forschungsworkshop diskutiert mit 10 internationalen Gästen akute Fragen zur wechselseitigen Durchdringung von ästhetischer und philosophischer Theorie und Praxis. Im Ramen des FWF Forschungsprojekts Mediated Autonomy. Ideal and Reality of Aesthetic Practice.
Ästhetische Überlegungen nehmen in der Philosophie seit jeher einen Sonderstatus ein. Sei es die Dichterkritik von Platon, die Lehre von der Aisthesis bei Baumgarten, die Analyse des Geschmacksurteils bei Kant oder die Bestimmung der Kunst als fait sociale bei Adorno – in all diesen Fällen oszillieren ästhetische Überlegungen zwischen dem Status als nachgeordnet gegenüber vermeintlich fundamentaleren Begriffen wie Gemeinschaft, Wahrnehmung, Vernunft oder Widerstand auf der einen und als Zuschreibung einzigartiger Kapazitäten auf der anderen Seite. Der Workshop widmet sich diesem ambivalenten Status mit einem Fokus darauf, inwieweit er auch auf die Herausforderungen zurückzuführen ist, vor die ästhetische Phänomene die philosophische Theoriepraxis stellen. Das dabei zunächst auf provisorische Weise installierte Methodik-Verständnis bezieht sich ganz buchstäblich auf die in der Philosophie im reflexiven und kommunikativen Denken, Schreiben und Vermitteln aktualisierten Zugangsweisen, d.h.: das Wie des Vorgehens. Die vom Ästhetischen angetragenen Herausforderungen sind auf zwei Seiten zugleich verankert: Erstens auf der Seite der Phänomene selbst, die sich als irreduzible empirische Ereignisse der rationalisierenden Aneignung durch Theorie und Kritik immer auch entziehen. Zweitens auf der Seite der Philosophie, die als sprachlich und textlich vermittelte Selbstverständigung selbst von Eigenheiten betroffen ist, die sie in die Nähe rücken oder sogar ganz zu ästhetischen Phänomenen gesellen. Beide Seiten produzieren in ihrem Wechselspiel, das sich z.B. in der philosophischen Analyse konkreter ästhetischer Phänomene zwischen Natur, Alltag und Kunst aktualisiert, Effekte, die sich als inhaltliche und methodische Faktoren auf philosophische Theoriepraxis und ihre explanativen bzw. konzeptionellen Ansprüche als Ganzes auswirken können. Hier findet sich eine philosophische Zentrierung ästhetischer Dynamiken, welche die Zuordnung zu einer Subdisziplin der Ästhetik weit übersteigen. Aus der Lokalisierung eines philosophischen Standpunkts in ästhetischen Zusammenhängen erwächst so eine allgemeine Positionierung ästhetischer Dimensionen in philosophischen Selbstverständnissen. Um dieser Überschreitung innerdisziplinärer Grenzziehungen zwischen einem Spezialgebiet der Ästhetik und einem breiteren Feld philosophischer Theoriepraxis an konkreten Denkfiguren nachzuspüren, legt der Workshop den Fokus u.a. auf die folgenden Schwerpunkte: Es geht um die Frage nach spezifisch ästhetischen Vorgehensweisen und Analyseformen in spannungsvoller Auseinandersetzung mit den philosophischen Grundbegriffen Wissen, Rationalität und Urteil, um die Bestimmung konkreter Medien im Zuge der Verknüpfung von Ästhetik und Philosophie, um den Einfluss hegemonialer Ordnungen und des kolonialen Erbes auf die Verflechtung von ästhetischen und philosophischen Dimensionen, um queere Brechungen des Verhältnisses von Philosophie und Ästhetik, um das auch von diametralen Ansprüchen auf Deutungshoheit geprägte Verhältnis von Kunst und Philosophie sowie um philosophische Möglichkeiten, ästhetische Anwendungsfelder jenseits der Kunst zu erschließen. In der gemeinsamen Bearbeitung dieser Begriffe, Vermittlungsschnittpunkte, explanativer Grenzen und interdisziplinäres Potenzial entfaltender Überschreitungen verfolgt der geplante Workshop das Ziel, auszuloten, welche gegenwärtigen Potenziale der philosophische Diskurs bereithält, das Phänomen des Ästhetischen nicht als ornamentales Surplus trockener Theoriebildung, abstraktes bzw. utopistisches Ideal oder als exotischen Sonderfall menschlichen Handelns und Erfahrens, sondern als konstitutives Element philosophischer Tätigkeit zu lokalisieren, das zugleich als unhintergehbare Herausforderung ein Stachel im begriffsanalytischen Gewebe bleibt.
Programm:
Donnerstag, 04.04.2024
16 - 16:30 Uhr: Begrüßung und Einführung (Judith-Frederike Popp und Sebastian Lederle)
16:30 - 19:30 Uhr: Panel 1: Philosophieren zwischen Theorie und Praxis
Anke Haarmann (Hamburg/Amsterdam)
Gedankengänge – Trains of Thought. Über das Wie des Vorgehens – How to go about it.
Astrid Deuber-Mankowsky (Bochum/Washington)
Modellierung von (queerer) Ästhetik und die Kunst der Kritik
Ines Kleesattel (Basel)
Critical Speculation as Situated Aesthetics (with Isabelle Stengers & Saidiya Hartman)
Moderation: Ruth Sonderegger (Wien)
Freitag, 05.04.2024
10 - 13 Uhr: Panel 2: Ambivalente Verwandtschaften
Jörg Sternagel (Passau)
›Queer furnishing‹: Performative (Re-)Orientierungen in Ethik und Ästhetik
Jörg Schaub (Essex)
Moderne Ästhetik. Die revolutionäre Aufwertung nicht-rationaler Vermögen durch die Philosophie
Michaela Ott (Hamburg)
Dividuelle Filmästhetiken
Moderation: TBA
Mittagspause: 13 - 14Uhr
14 - 16 Uhr: Panel 3: Wissen und Urteil zwischen Philosophie und Kunst
Peter Osborne (London)
Art Judgments of the Interesting
Marita Tatari (Patras)
Not-knowing how to recognize. On the present relation between philosophy and the arts
Moderation: Johan F. Hartle (Wien)
Kaffeepause: 16 - 16:30 Uhr
Gemeinsame Gesprächsrunde (16:30- 18Uhr)
Philosophie in der Ästhetik – Ästhetik in der Philosophie
Dinner: 19 Uhr
Samstag, 06.04.2024
10 – 12 Uhr: Panel 4: Umwelten als ästhetische Grenzgebiete
Madalina Diaconu (Wien)
Die Ästhetik des Alltags: Kontroversen und offene Fragen
Maria Muhle (München)
Überlegungen zu einer Milieuästhetik
Moderation: Isabella Schlehaider (Wien)
Verabschiedung: 12 – 13 Uhr
Ende: 13 – 14 Uhr