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Ulrike Bergermann: Kakaogeschmack. Koloniale Ästhetik und kollektive Taste Tanks
Abteilung Transkulturelle Studien in Kooperation mit der Abteilung Angewandte Fotografie & zeitbasierte Medien
Moderation: Nanna Heidenreich
Die Geschichte des Geschmacks am Kakao ist die Geschichte einer neuen Kolonialware, die im 17. und 18. Jahrhundert auf die europäische Gesellschaft und Philosophie der Aufklärung trifft. Die neue philosophische Ästhetik ermutigte weiße Europäer*innen, auch im Geschmack ihre mündige Selbständigkeit zu beweisen, und verdrängte zugleich die Gewalt einer Versklavungsökonomie, die den Stoff dieser neuen Sinnlichkeiten lieferte. Es ist die Versklavung, die die neue Kultur des Geschmacks ermöglichte (Simon Gikandi).
Am Beispiel des Kakaos zeichnet der Vortrag nach, wie ein Getränk, das zunächst als bitteres und kaltes nicht schmeckte, in Europa zum Modegetränk wurde und welche Kolonial-, Klassen- und Geschlechtergeschichte sich in der neuen Substanz spiegelt. Denn Kakao wurde durch koloniale Gewalt zu einer globalen soft drug; Schokolade ist im globalen Norden tägliches Konsumgut, aber bis heute Motor von Plantagenökonomie und Kinderarbeit. Lässt sich über den so individuellen spontanen Geschmack wirklich nicht streiten, oder gibt es Geschmack an neuen, gerechteren Gefügen? Wie die queerfeministischen Feel Tanks mit den »public feelings« zeigen, kann ein kollektiver Geschmack in einem Taste Tank stecken.
Ulrike Bergermann ist Professorin für Medienwissenschaft an der HBK Braunschweig. Nach dem Studium der Germanistik und Kunstgeschichte hat sie in Hamburg zur Verschriftlichung von Gebärdensprachen promoviert, an Universitäten und einem SFB u.a. in Paderborn, Köln, Bochum gelernt und gelehrt, mit einem Habilitationsstipendium ein zweites Buch zur Wissenschaftsgeschichte von Kybernetik und Medienwissenschaft produziert sowie Schwerpunkte in Gender und Postcolonial Studies verfolgt. Aus der Mitarbeit im Vorstand der Gesellschaft für Medienwissenschaft, dem DFG-Lenkungsgremium Medienwissenschaften und der Zeitschrift für Medienwissenschaft (gegründet 2007) entstanden zahlreiche Publikationen, Veranstaltungen und Vernetzungen. An der HBK Braunschweig organisierte sie mit Nanna Heidenreich 2013 die internationale Tagung “total” zur post_kolonialen Medienwissenschaft. Gründung des Gender Blogs der ZfM, Herausgabe der Buchreihe “Post_koloniale Medienwissenschaft” beim Transcript-Verlag, Fellowships in Bayreuth, Frankfurt/M. und New York, seit 2022 Mitarbeit im Forschungsprojekt “Coloniale Commodities” am Cluster “Africa Multiple” der Universität Bayreuth. Publikationen im Druck: Property. Colonial Histories and Messages to the Future, Lüneburg (meson press) 2024, und Kakaogeschmack. Koloniale Ästhetik und kollektive Taste Tanks, Berlin (August Verlag) 2024.