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Great Wizards of the Twentieth Century, or Notable Magical Names of Our Time Event

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Von Donnerstag
12. September
2024
bis Freitag
08. November
2024
Ausstellung
Mittwoch 11. September
11. Sep.
Mi
19:00
bis 22:00 Eröffnung
Zeitgenössische Kunst Ausstellung

Ich wuchs auf in der Gewissheit, eine Hufflepuff zu sein. Es war eine Gewissheit, die immer wieder bestätigt wurde - erst auf dem Schulhof, dann später bei Parties und noch später als Small Talk Konversation. Es war eindeutig, dass es sich bei dieser (Selbst)Zuschreibung um ein Manko handelte.
Dass Harmlosigkeit, das heißt Hufflepuff-ness auch eine Waffe (bzw. ein Zaubertrick) ist, lernte ich erst später.
Harry Potter ist eine eigene Sprache, ein symbolträchtiges System, das in fast jeder sozialen Konstellation seine Anwendung finden kann. Irgendeine Partei ist dann meistens Slytherin, eine Gryffindor, eine Ravenclaw und eine Partei muss dann, wie ich, die Rolle der Hufflepuffs erfüllen.
Diese Rollenverteilung hat eine gewisse Verbindlichkeit. Das Universum bzw. das etymologische System Harry Potter ist eine omnipräsente Referenz, die religiöse Anmutung hat. Fast alle wissen, was damit gemeint ist, eine Hufflepuff zu sein, es ist noch wesentlich spezifischer als, zum Beispiel, das Wissen um die Charakteristika des eigenen Sternzeichens.
Auch spezifische Ausdrücke, Zaubersprüche, Objekte und Werkzeuge sind in unseren Alltagsgebrauch eingegangen. Erzfeind:innen werden zu der, dessen Name nicht genannt werden darf, Avada Kedavra bleibt ein unaussprechlicher Ausspruch, das Gleis 9 3/4 ein stehender Begriff für bürokratische Undurchsichtigkeit und erst neulich bezeichnete ein Freund sein unaufgeräumtes Schlafzimmer als Kammer des Schreckens. Das fiktionale
Standardwerk „Great Wizards of the Twentieth Century, or Notable Magical Names of Our Time“ ist eines der relevanteren Lexika unserer Gegenwart - gerade in seiner Qualität, fiktiv zu sein.
Das Referenzsystem Harry Potter ist also generationsprägend für Millenials - es hat sich tief in das kollektive Gedächtnis unserer leicht dysfunktionalen Generation eingeschrieben. Wir hängen zwischen dem Analogen und dem Digitalen, zwischen den Diskursen, den Ideen von Normativität und dem Verhältnis zu ökonomischem Ehrgeiz fest. Das Eintauchen ins Fiktionale ist eine dankbare Flucht. Sie liegt besonders nahe - viele von uns lernten mit und durch die Welt Harry Potter lesen.
Als die Harry Potter-Filme erschienen, glich das fast einem Bruch mit dem religiösen Darstellungsverbot. Die Bilder, die vorher in unseren Kindlichen Köpfen (und denen unserer begeistert vorlesenden Eltern) existiert hatten, bekamen plötzlich buchstäblich ein Gesicht. Die individuellen Darstellungen, unvergleichbar, weil nicht durch Sprache auszudrücken, wurden vereinheitlicht.
Man erkennt auf den Zeichnungen von Grundschulkindern in den früher 20ern, wie das Fantasiegesicht mit der Narbe auf der Stirn plötzlich zu dem des Kinderstars Daniel Radcliffe wird, um den man - das Schicksal Macaulay Culkins kennend - schon von Beginn an eher bangte, als von seinem Erfolg beeindruckt zu sein. Auch die Idee von Fan-dom, Star-dom und Hobby Art scheinen in den frühen Nullerjahren zu verharren.
Innerhalb dieses ästhetischen Systems bewegt sich die Arbeit von Luca Ilic. Und man weiß nicht genau, ob der unsichtbare Autor dabei in die Rolle des Fans, des Stars oder des (Hobby-)Artists tritt. Seine Position scheint, in ihrer vorgeschobenen Naivität, ebenfalls eine Art „Geheimwaffe“ zu sein.
Ein Zauberspruch, der direkt mit unserem kollektiven Gedächtnis und dem Wissen um die Redundanz von Erinnerung spielt. Um die Qualität von Erinnerungsfetzen, einen unbewusst heimzusuchen und sich, immer und immer wieder, zu wiederholen.
Man kann nicht glauben, dass seine Arbeiten nicht mehr wollen als das zu reproduzieren, was wir schon allzu-gut kennen. Die Kategorien von Handwerk und Dilettantismus, von Original und Kopie verschwinden gänzlich. Die Arbeiten sind so direkt wie sie komplex sind - als würden sie sich zu einer Flächigkeit bekennen, die verschleiert und dadurch eine Tiefe, eine Mehrschichtigkeit herstellt.
Luca Ilics sich ständig wie von selbst (das heißt, von Zauberhand) fortführende Serie sind die Ikonenbilder der frühen 2000er. Sie erinnern uns, manchmal unangenehm, aber immer mit einer Faszination (in der man sich ertappt fühlt), daran, wie sehr wir alle, ob wir wollen oder nicht, Anhänger:innen dieser schambehafteten popkulturellen Religion sind, die Harry Potter genannt wird.
Die spezifische Ästhetik ist hierbei ebenso wichtig wie ihre Qualität, etwas Generisches an sich zu haben. Zaubersprüche haben, zum Beispiel in ihrer Redundanz, nicht zufällig eine Verbindung zum Gebet oder zum Fluch. Die Arbeiten von Luca Ilic tun, gerade in ihrer Malen-nach-Zahlen-artigen Anmutung, genau das: They put a spell on us.
Sie mystifizieren sich selbst in ihrem unverschämt direkten Zugang zu dem Frühkindlichen, dem Verborgenen und dem Affektiven. Sie erinnern uns an unseren geheimen Wunsch, dass der Brief endlich im Briefkasten sein möge und dass wir alle eine Eule als Haustier bekämen. Und an unsere Angst davor, dass der sprechende Hut laut deklamieren würde, dass wir eine Hufflepuff wären.
Aber wer ist Luca Ilic dabei? Welche Rolle spielt dieser geheime Autor, der ebenso hinter der Referenz verschwindet, wie er, in seiner Unsichtbarkeit oder Unentdecktheit omnipräsent ist. Er ist ein ebenso mystisch aufgeladener Strippenzieher wie der, dessen Name nicht genannt werden darf. Oder zumindest „A Great Wizard of the Twentieth Century, or a Notable Magical Name of Our Time“. So wie wir es alle gerne wären.

  • Olga Hohmann
 

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