\

Maria Zisser

Fotostudio — Archiv und Aufarbeitung
Fotografie Geschichte Ausstellung

Erste Ausstellung zum Frühwerk von Maria Zisser im LLLLLL artist run space mit Fokus auf die Archivaufarbeitung. Initiiert von Enkel Reinhold Zisser und digitalisiert von Johannes Baudrexel.

➜ edit + new album ev_030PDtxESmzmH9suSEZcA6
1 Termin
Freitag 11. Juli
11. Juli
Fr
18:00
Eröffnung
Maria Zisser
eSeL – Geheimtipp

Phase I: 1940 bis 1945
Abschnitt 1: Der Leistungs-Wettstreit hat begonnen

Die kommende Präsentation von Fotografien von Maria Zisser ist die erste Ausstellung der Fotografin.

Maria Zisser, geborene Tretscher, wurde 1914 in Wien geboren und absolvierte dort ihre Ausbildung zur Fotografin. 1940 erhielt sie ihren Meisterbrief im Fotografenhandwerk und war von diesem Zeitpunkt bis Ende der 1970er-Jahre mit dem Arbeitsschwerpunkt als Industriefotografin tätig.

Sie schuf in dieser Zeit ein fotografisches Gesamtwerk, das eine nahezu lückenlose Dokumentation der österreichischen Industrie und ihrer gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen abbildet. Es begleitet den Wandel von der Zeit des Nationalsozialismus zur Zweiten Republik, den Wiederaufbau während des sogenannten „österreichischen Wirtschaftswunders“, bis hin zur Dokumentation von Bauwerken wie dem Wohnpark Alterlaa, der UNO-City und vielen weiteren Architekturen, die bis heute das Erscheinungsbild des Landes und insbesondere der Stadt Wien prägen.

Neben seiner dokumentarischen Bedeutung ist Maria Zissers Werk auch ein Zeugnis für das Schaffen einer Fotografin in einer Zeit konservativ-patriarchaler Ordnung, deren strukturelle Dominanz im industriellen Bereich selbst durch die aufkommende Frauenbewegung der 1960er- und 1970er-Jahre kaum aufgebrochen wurde – und weit darüber hinaus fortbestand.

Unsere Aufarbeitung ihres Archivs beginnt mit dem Frühwerk Maria Zissers: ab 1940, als sie im Alter von 26 Jahren nach bestandener Meisterprüfung begann, für im Krieg produzierende Unternehmen in Wien zu fotografieren – bis zum Ende des NS-Regimes 1945. Maria Zisser war zu diesem Zeitpunkt 31 Jahre alt.

Der Titel der Ausstellung – „Der Leistungs-Wettstreit hat begonnen“ – zitiert einen Slogan, der in den Produktionshallen der Firma STEYR während der NS-Zeit neben zahlreichen weiteren „Motivationsbotschaften“ angebracht war.

Fotografien wie diese dokumentieren nicht nur das Regime der NS-Zeit, sondern auch ein System, in dem Arbeiterinnen und Arbeiter einer bis ins Detail ideologisierten Leistungskultur untergeordnet waren.

Im Rahmen ihrer Tätigkeit war Maria Zisser auch beauftragt, Porträts sämtlicher ArbeiterInnen anzufertigen – zur Verwendung in betrieblichen Akten und Verwaltungsunterlagen.

Diese Bildnisse bilden den Kern der vorliegenden Ausstellung. Im Archiv befinden sich mehrere tausend der Originalnegative dieser Porträts von ArbeiterInnen aus der NS-Zeit. Diese Fotos, die rein bürokratischen Zwecken dienten, gehen aber weit über das Funktionale hinaus: Die junge Fotografin schuf keine anonymen Aufnahmen, sondern Bildnisse, die ihre Haltung zur Fotografie und zu den Menschen, die sie abbildete, widerspiegeln.

Diese Serie bildet einen markanten Schnittpunkt: zwischen politischer Ideologie, den Lebensrealitäten jener Menschen, die – vielfach unter Zwang – für dieses System gearbeitet haben, und dem Blick einer jungen Frau am Anfang ihres fotografischen Weges.

Diese Ausstellung ist zugleich der Auftakt zu einer weiterführenden Auseinandersetzung. Die Industrie der NS-Zeit war in weiten Teilen nur durch die systematische Entmenschlichung und Zwangsarbeit möglich. Die Formen der Beschäftigung reichten von freiwilliger Lohnarbeit über sogenannte FremdarbeiterInnen, zwangsverpflichtete Arbeitskräfte, ZwangsarbeiterInnen bis hin zu KZ-Häftlingen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht eindeutig geklärt, in welchem Verhältnis die auf den Aufnahmen dokumentierten ArbeiterInnen zu Unternehmen und Regime standen. Die Erforschung dieser Fragen ist integraler Bestandteil der begleitenden Archivarbeit zur Ausstellung.

Das Fotostudio – Archiv und Aufarbeitung der Fotografin Maria Zisser wurde von ihrem Enkel, dem Wiener Künstler und Kurator Reinhold Zisser, initiiert. Die laufende Aufarbeitung und Digitalisierung erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Johannes Baudrexel. Zisser und Baudrexel sind beide Mitglieder des LLLLLL – Verein für Kunst der Gegenwart. Für das Archiv von Maria Zisser wurde ein neues Studio im Technologiezentrum 3 der Wirtschaftsagentur Wien in der Seestadt eingerichtet.

Wir laden Sie herzlich zur ersten Ausstellung im LLLLLL artist run space ein. Während der Ausstellungsdauer werden auf Anfrage Führungen durch die Ausstellung sowie durch das nur wenige Minuten entfernte Archiv angeboten.

Newsletter und Social Media

Der eSeL Newsletter schickt dir jeden Donnerstag Insidertipps unserer Terminredaktion und fotografische Highlights aus dem Kunstbetrieb.

Datenschutz

Impressum

AGB

eSeL ist ein Informationsportal für Kunst und Kultur. Hier findest du empfohlene Veranstaltungen, Ausstellungen, Museen, Kinoprogramm, Theater, Performances und mehr in Wien und ganz Österreich.