Vortragsreihe: Kunst - Forschung - Geschlecht

Die interdisziplinäre Vortragsreihe “KUNST - FORSCHUNG - GESCHLECHT” an der Universität für angewandte Kunst Wien trägt im Studienjahr 2021/22 den Titel “Who has the Freedom to Care, or Not to Care?”
Sorgearbeit – Instandhalten, Pflegen, Wiederherstellen: dies verlangen Körper, Psychen, der Raum und die Räume, in denen wir uns bewegen, die Dinge mit denen wir leben. Aber wer kümmert sich? Und unter welchen Bedingungen?

Mittwoch, 6. April 2022 | 18h | Auditorium
Birge Krondorfer
Care-Arbeit ist keine Freiheit

Anmeldung erforderlich!
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Für die politische Denkerin Hannah Arendt ist Sorgearbeit gerade nicht mit Freiheit zu verbinden. Das Arbeiten ist dem Privatraum zugeordnet, das Herstellen braucht den Marktplatz und die Tätigkeit des Handelns bedarf einer öffentlich-politischen Sphäre. Ihre strikte Trennung zwischen privaten, bzw. sozialen Bereichen und dem politischen Raum der Freiheit ist nicht nur für feministische Perspektiven völlig unverständlich.
Ebenso wird seit Beginn der Frauenbewegung kritisiert, dass die
Sorgearbeit der Gesellschaft nicht mehr wert als eine leer-lobende Rhetorik. Die
neuzeitliche Ökonomie spricht allen sorgenden Tätigkeiten ab produktive Arbeit zu sein. Wobei es auch eine bejahende Sichtweise geben kann, wenn nicht alle Bereiche einer monetären Verwertbarkeit unterworfen sind.
Das könnte eine Brücke sein zu Arendts Problematisierung der Ökonomisierung aller Tätigkeitsbereiche und der Gefahr einer totalitären Politikentwicklung sowie ihrem Zweifel an Souveränitätsvorstellungen, die einen bloß aufs Subjekt bezogenen Freiheitsbegriff voraussetzen. Für (nicht nur) feministische Reflexionen ergibt dies eine selten ausgelotete Spannung zwischen Fürsorge, Selbstsorge und Arendts Sorge um die Welt.

Birge Krondorfer politische Philosophin und feministisch Engagierte; Lehrbeauftragte und Erwachsenenbildnerin; Autorin und Mitgründerin diverser Fraueninitiativen in Wien.