rewind.esel.at
Broken Relations: Infrastructure, Aesthetics, and Critique

Eine Konferenz im Rahmen der Ausstellung Einrichtung und Gegebenheit.

Broken Relations: Infrastruktur, Aesthetik und Kritik ist ein Ausstellungs-, Publikations- und Lehrprojekt, das als Kooperation zwischen der Hochschule für Gestaltung und Buchkunst Leipzig und der Akademie der bildenden Künste Wien aufgesetzt ist. Die Konferenz in Wien fokussiert das Thema Infrastrukturen im Bereich der Kunst und deren Vermittlung. Ein spezieller Fokus dabei sind künstlerische und edukative Praktiken, die ihre eigenen infrastrukturellen Bedingtheiten in den Methoden und Inhalten der Darstellung und Vermittlung reflektieren. Unter Infrastrukturen sind materielle Phänomene und physische Netzwerke genauso wie immaterielle Beziehungen und symbolische Handlungen zu verstehen, die, auf sichtbare und unsichtbare Weise, unsere Gegenwart und somit den Horizont ästhetischer Wahrnehmung formen.

Begonnen 2021 in Leipzig mit einer Vortragsreihe und Ausstellung setzt die Konferenz diese diskursive Auseinandersetzung fort und begleitet die Ausstellung Einrichtung und Gegebenheit in den Exhibit Ausstellungsräumen der Akademie. Eine Publikation mit Beiträgen der Vortragenden in Leipzig und Wien erscheint im Herbst 2022.

Programm
Freitag, 20.5.2022

14.00 Uhr
Rektor Johan F. Hartle und Vizerektorin Ingeborg Erhart
Begrüßung
Martin Beck
Einführung in die Konferenz, die Ausstellung und die Publikation

14.30 Uhr
Beatrice v. Bismarck
(Re-)Doing Relations: Curatorial Infrastructures and Interruptions
Im musealen Feld können sowohl materielle Voraussetzungen – institutionelle Ausstattungen, Transportmedien oder Verbindungswege – infrastrukturelle Funktionen besitzen, als auch immaterielle Beziehungsweisen, die Netzwerke, Ordnungen, Protokolle und Aneignungen einschließen. Sie ermöglichen Mobilität und Zusammenkommen, sind zugleich aber auch maßgeblich an Einschränkungen, Ausschlüssen und Festschreibungen beteiligt. Der Vortrag geht den Potenzialen nach, die der kuratorischen Praxis zukommt um dieser Ambivalenz der Infrastrukturen analytisch, kritisch und formativ zu begegnen. Voraussetzung dafür ist ein Verständnis des Kuratorischen, das dessen spezifische Kompetenz mit der Fähigkeit Beziehungen zu generieren und zu gestalten definiert. Versteht man kuratorische Infrastrukturen als die Lieferketten für die Bedeutungsproduktion in Museums- und Ausstellungshäusern, dann soll mit dem Beitrag die Aufmerksamkeit auf diejenigen Verfahren und Strategien gelenkt werden, die alternative Beziehungsweisen zum Ziel haben.

Beatrice von Bismarck teaches art history, visual culture, and cultures of the curatorial at the Academy of Fine Arts Leipzig. She recently edited the volume Archives on Show: Revoicing, Shapeshifting, Displacing – A Curatorial Glossary, 2022. Her new book The Curatorial Condition is forthcoming later this year.

15.30 Uhr
Lilian Kroth
Infrastructure, Translation and Metaphor: A Reflection on Infrastructure’s Epistemic Framework and Metaphorical Displacements with Michel Serres and Bruno Latour
Was ist die epistemische Grundlage des Begriffs „Infrastruktur“? In welcher Weise ist er von Metaphern besetzt, und wie wird Infrastruktur selbst als Metapher verwendet? Dieser Vortrag betrachtet den Begriff aus der Perspektive der „Übersetzung“ und untersucht seine transdisziplinären metaphorischen Verschiebungen in Verbindung mit Michel Serres und Bruno Latour. Serres Beitrag zur Struktur und ihrer Übersetzung sowie sein Verständnis metaphorischer Sprache jenseits ihrer bloßen „Verzierung“ lässt sich in epistemischen Überlegungen zu Infrastruktur und der Einbettung seiner jeweiligen Bedeutungen fruchtbar machen. Mit Latours Überlegungen zur metaphorischen Wirkung von „vernetzter Infrastruktur“ erweist sich das netzwerkbezogene Vokabular von Weben, Knoten, Topologie, Fluidität usw. als zentral für die Erfassung der Beziehung zwischen Methode und Objekt. Indem sie Verbindungen zur „infralanguage“ herstellt, versteht die metaphorologische und übersetzerische Perspektive auf Infrastrukturen metaphorische Verschiebungen vielfältiger Art nicht als Verzierungen, sondern als ihre konstitutive, vermittelnde und teilweise verborgene epistemischen Grundlage, die dazu beiträgt, den konzeptionellen Rahmen der Infrastruktur und ihren Einfluss auf epistemische Rahmen zu erfassen.

Lilian Kroth is currently working on a doctoral thesis at the University of Cambridge. Her PhD project engages with concepts of the limit in the writings of Michel Serres. She teaches and writes on different topics related to critical theory, philosophy of science and art. Kroth’s exhibition projects inlcude WE COULD ALSO BE SILENT with Elisabeth Wildling and Veronika Mayer, 2018; WHISK with Stefanie Hintersteiner, 2019; BAU2–6, Plan D, Akademie der bildenden Künste Wien, 2020.

16.30 Uhr–17.00 Uhr
Pause

17.00 Uhr
Sebastian Egenhofer
Material and Symbolic Production in Agnes Denes’s “Wheatfield—A Confrontation”
1982 hat Agnes Denes unterstützt von Mitteln des Public Art Fund und zahlreichen Helfern auf einer Brache zu Füßen des noch jungen World Trade Centers ein zwei Acres großes Weizenfeld angelegt und bis zur spätsommerlichen Ernte bewirtschaftet. Der Vortrag fokussiert auf diese Intervention, die divergente Konzepte von Wert und Wertgenese in Kontakt bringt. Die Ökonomie der Tauschwerte, deren globale Zirkulation in der kristallinen Architektur des Financial Districts symbolisiert ist, wird der Gebrauchswert der Nahrung zur Seite gestellt, die auf dem flachen Weizenfeld durch die Akkumulation von Sonnenergie entsteht. Mit Blick auf die Geschichte ortsspezifischer und institutionskritischer Kunst wird die von Denes inszenierte Konfrontation – „Wheatfield – A Confrontation“ ist der Titel der Arbeit – als Diagramm der irreduziblen Abhängigkeit der menschlichen Ökonomie und Produktionssphäre von chtonisch-terrestrischen und kosmologischen Bedingungen lesbar.

Sebastian Egenhofer is Professor for Modern and Contemporary Art at the University of Vienna. His book Abstraktion – Kapitalismus – Subjektivität (2008) was published in translation in 2017 as Towards an Aesthetics of Production. His latest work concentrates on the ecological turn in contemporary art and its long history. In particular, the relationship of artistic representation to other instances of the “technical mediation” of nature is at the center of his interest.

18.00 Uhr
Keller Easterling
Direct (Dispositional) Action (via Zoom)
Neben ihren erklärten Absichten verfügen Institutionen auch über nicht deklarierte Dispositionen, die in der Chemie ihrer Arrangements und Temperamente angelegt sind. Die Kultur ist möglicherweise nicht ausreichend geübt, um diese Potenziale, die sich den rechtlichen, ideologischen, digitalen oder quantitativen Sprachen entziehen, zu erkennen oder auszudrücken. In der Zwischenzeit manipulieren autoritäre politische Mächte routinemäßig Dispositionen und Temperamente – sie verwirren erklärte Ideologien und erzeugen spaltende Kämpfe, aus denen sie Loyalitäten gewinnen können. Und auch die produktivsten Aspekte der Kultur – die lebendigen Ökonomien der Gemeinschaft, die nicht auf den homo oeconomicus reagieren – verfügen über eine Wirkungsmacht in anderen Tauschbeziehungen zwischen Potenzialen.

Keller Easterling is an architect, writer, and the Enid Storm Dwyer Professor of Architecture at Yale. Her most recent book Medium Design: Knowing How To Work on the World, 2021, inverts an emphasis on object and figure to prompt innovative thought about both spatial and non-spatial problems. Her book, Extrastatecraft: The Power of Infrastructure Space, 2014, examines global infrastructure as a medium of polity.

Konferenz
Zeitgenössische Kunst
Theorie
arts (general)
20.05.2022 (Fri)
14:00 -
Exhibit Galerie - akbild , 1010 Wien Exhibit Galerie