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Gefühlte Opfer. Illusionen der Vergangenheitsbewältigung

Der Holocaust gehört in Deutschland zu den zentralen historischen Bezugsereignissen, wenn es gilt, sich als Kollektiv selbst zu beschreiben. Kein anderes Land hat sich derart intensiv mit der eigenen verbrecherischen Geschichte auseinander gesetzt. Das nachdrückliche Bemühen, den nationalsozialistischen Massenverbrechen einen angemessenen Platz in der kollektiven Erinnerung einzuräumen, ist wesentlich von der Erinnerungsfigur des »gefühlten Opfers« getragen. Opferidentifiziertes Erinnern ist zu einer Art Norm geworden und es trägt ein Erlösungsversprechen in sich, das für aufrichtiges Gedenken Versöhnung in Aussicht stellt. Doch der Zustand moralischer Entlastung will sich auch nach Jahrzehnten des Bereuens partout nicht einstellen, und der zu beobachtende erinnerungspolitische Wettbewerb löst zunehmend Unbehagen aus. Welche Konsequenzen hat es für das kollektive Erinnern, wenn sich Deutsche überwiegend mit den Opfern und ihren Verfolgungsgeschichten identifizieren? Vor welchen Herausforderungen steht historisches Erinnern mehr als sechzig Jahre nach Kriegsende? Ulrike Jureit, geboren 1964, ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Hamburger Institut für Sozialforschung. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Sozial- und Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Sie war von 2000 - 2004 Leiterin der Ausstellung »Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941 - 1945«. Ihre jüngste Buchveröffentlichung (mit Christian Schneider): Gefühlte Opfer. Illusionen der Vergangenheitsbewältigung, Klett-Cotta, Stuttgart 2010.

Ausstellung
Zeitgenössische Kunst
Theorie
arts (general)
15.12.2011 (Thu)
18:30 -
Österreichisches Staatsarchiv , 1010 Wien Dachfoyer des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, 1010 Wien, Minoritenplatz 1