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Detour - Landscape in Progress II - Andy Hope

Zur Eröffnung spricht Dr. Veit Loers

Contemporary Art Club im Theseustempel, Wien 2011

Am 3. September eröffnet der Contemporary Art Club seine Ausstellungsserie im Theseus-Tempel, eine Kooperation mit dem Kunsthistorischen Museum Wien, zu dessen Bestand das neue renovierte Gebäude im Volksgarten gehört.
Der CAC begreift die Situation und Geschichte des klassizistischen Bauwerks als Herausforderung und Chance für Ausstellungen, die von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler gestaltet werden. Verschiedene Künstlerinnen und Künstler werden in den nächsten Monaten vier Ausstellungen in dieser Situation entwickeln; Andy Hope 1930 eröffnet die Serie.

Detour - Landscape in Progress II
by Andy Hope 1930

In Kooperation mit dem Kunsthistorischen Museum Wien eröffnet der Contemporary Art Club seine Ausstellungsserie im Theseus-Tempel am 3. September 2011 mit einer Installation von Andy Hope 1930: “Detour - Landscape in Progress II”. Der Künstler aus Berlin wird das Baudenkmal im Volksgarten 14 Tage lang wie sein Atelier nutzen, um sich direkt vor Ort mit den Gegebenheiten der außergewöhnlichen Situation auseinanderzusetzen, und das Ergebnis am 3. September präsentieren.
Der CAC hat Andy Hope nach Wien eingeladen, weil er in besonderer Weise die Zeit zum Stoff und Thema seiner Kunst gemacht hat. “Zeit” ist in seinem Werk als historischer Faktor präsent, deutlich sichtbar, wo er sich auf die abstrakte Moderne bezieht, die radikalen Erfindungen des russischen Konstruktivismus, die Hope weiterführt, umformt oder entwendet. “Zeit” wird aber auch als fiktionales oder mediales Zeichen eingeführt, mit vorgeschichtlichen Wesen wie Dinosauriern oder Maschinen aus der Zukunft, jenen Raumschiffen beispielsweise, die er aus “Baumstämmen“ hat herstellen lassen. Und schließlich ist “Zeit“ als Grundlage des Werts in der Kunst von Andy Hope wirksam: viele seiner Werke unterlaufen demonstrativ den Kunstcharakter und erscheinen wie Flohmarktfundstücke oder wie Objekte, die den Boden der aktuellen Wert-Schätzung verlassen.
Andy Hope hat in den letzten 15 Jahren eine umfangreiche Serie von Ausstellungen gezeigt, ob nun in Institutionen, Sammlungen oder Galerien, die jede für sich eine ungewöhnliche Prägnanz und Einmaligkeit demonstrierte. Er nimmt die räumlichen Gegebenheiten nicht einfach als einen Hintergrund, der seinen Exponaten lediglich als stummer Träger dienen soll; vielmehr entwickelt er jede Ausstellung in genauer Abstimmung mit der Situation, mit den architektonischen und symbolischen Vorgaben – auch deshalb hat der CAC den Künstler aus Berlin gebeten, einen Beitrag für den Tempel in Wien zu entwickeln.
“Landscape in Progress II“ geht zurück auf eine Ausstellung, die 1998 in München in einem niedrigen Kellerraum gezeigt wurde: “Londußdorf konkret – Landscape in Progress“. Als eine seiner ersten Rauminstallationen eröffnete die “Landschaft in Entwicklung“ ihm damals das Spektrum, in dem er seinen Umgang mit dem Medium der Ausstellung situieren wollte: eine Aneignung mit leichten Mitteln, schnell und direkt, scharf und konkret, Mittel, die sich in Form und Inhalt als ebenso präzise und unberechenbar erweisen wie die historischen Manifestationen seiner Vorbilder Malevich und Rodchenko; ihnen war es zwischen 1915 und 1920 gelungen, die Moderne im Moment ihres Aufbruchs noch einmal herauszufordern. Mehrfach schon untersuchte Andy Hope in den letzten 5 Jahren, also unter den Bedingungen seines Erfolgs in Institutionen und Galerien, wie er seine Mittel frei von ihrer einfachen Anerkennung als Kunst unter Spannung halten kann. Daher wählte er für den Theseus-Tempel die “Sprache aus dem niedrigen Keller“ – er wird das Potential seiner ersten, leichten Entwürfe auf der exponierten Position eines hohen Sakralraums erneut auf die Probe stellen.
Der CAC ist außerordentlich erfreut über die Zusage von Andy Hope 1930, die Ausstellungsserie im Theseus-Tempel zu eröffnen, da wir zuversichtlich sein können, dass sein Beitrag in besonderer Weise die Möglichkeiten eines klassischen Tempels als Schauplatz für zeitgenössische Kunst zeigen wird.

Biografie
Andy Hope 1930 begann in München in den 90er Jahren mit seinen ersten Ausstellungen, studierte dort an der Akademie und schloss sein Studium 1998 am Chelsea College of Art and Design in London ab. Seit 2000 lebt er in Berlin. Im Januar 2005 war er im Lenbachhaus mit seiner ersten großen institutionellen Einzelausstellung zu sehen. In Berlin, München, New York, London und Zürich wird er regelmäßig von Galerien gezeigt. Seine Werke sind weltweit in bedeutenden Sammlungen vertreten. Die Sammlung Goetz (München) richtete ihm 2010 in ihren Räumen eine Einzelausstellung ein, die Sammlung Charles Riva im gleichen Jahr in Brüssel. Im Frühjahr 2011 hatte er seine erste Einzelausstellung in Spanien, im CAC Malaga. Zahlreiche Publikationen sind in den letzten Jahren erschienen, in Zusammenarbeit mit Steidl, dem Verlag der Buchhandlung König und der Edition Silverbridge. Im Frühjahr 2012 wird er mit einer Einzelausstellung in der Kestnergesellschaft Hannover zu sehen sein. In Österreich war er bislang in Graz, Innsbruck und Salzburg zu sehen.

IM THESEUSTEMPEL: Die Kunst zwischen Tradition und Aktualität, zwischen öffentlicher Wirkung und individueller Vision.

Projektbeschreibung - Einführung

Der CAC wird den Theseustempel im Volksgarten als Schauplatz für ein Ausstellungsprogramm nutzen, das den zeitgenössischen künstlerischen Umgang mit einer exponierten Situation im öffentlichen Raum exemplarisch zur Diskussion stellt, gestützt auf die Mitwirkung bzw. Herausforderung privater Sammler, deren Verhältnis zu öffentlichen Sammlungen sich im letzten Jahrzehnt spürbar gewandelt hat. Das Programm wird insofern auf einem vielschichtigen Konfliktfeld stattfinden, das immer noch in Bewegung ist. Wir beachten und betonen in der Situation um den Tempel vor allem die Spannungen und Veränderungen im Verhältnis zwischen:

  1. individueller künstlerischer Vision und zentraler städtischer Situation
  2. privater Förderung und öffentlicher Institution
  3. historischem Rahmen und aktueller Interpretation
  4. Innenstadt und Park
    sowie, um es letztlich ganz praktisch und konkret zu benennen:
  5. dem großen Zeichen der Architektur und dem kleinen Innenraum

Der Theseustempel vereint also eine Reihe ganz unterschiedlicher Faktoren, die seiner Nutzung deutliche Grenzen setzen. Diese schwierigen Bedingungen müssen in der Praxis stets berücksichtigt werden; nur dann kann das alte Bauwerk ein aktuelles Programm aufnehmen, nur dann kann es den Projekten dienen, wird aus der Schwierigkeit eine Möglichkeit oder sogar Chance.
Betrachten wir zunächst die “Lage“ im gesellschaftlichen Kontext. Der Tempel befindet sich an einem prominenten Ort in der Stadt und ist dort deutlich abgesetzt von den Bereichen, die mit zeitgenössischer Kunst heute in Wien assoziiert werden (wie etwa das Museumsquartier oder die Straßen, in denen derzeit Galerien ansässig sind); daher können vom Tempel aus eigene und neue Impulse im etablierten Geschehen gesetzt werden. Die exponierte Situation bietet allerdings nicht nur Unabhängigkeit (von den bekannten Schauplätzen in Wien); sie fordert im Gegenzug eine besondere Auseinandersetzung mit den spezifischen Gegebenheiten dieser Plattform.
Die Partnerschaft mit einem so bedeutenden Museum wie dem KHM garantiert dieser Seite unserer Interventionen ein solides Fundament, wobei die Voraussetzungen für ein unabhängiges Experiment mit dem traditionellen Bau gleichzeitig sehr günstig sind: es besteht hinreichend Distanz zu dem gewichtigen Träger und den gesicherten Werten, die ein Museum – und vor allem ein Museum großer, alter Kunst – repräsentiert: räumlich ohnehin, da der Tempel “außerhalb“ des KHM situiert ist, und inhaltlich, weil zeitgenössische Kunst bislang nur ausnahmsweise zu den Themen des Museums gehörte. Daher kann der Tempel neben dem anerkannten Haus eine gewisse Eigenständigkeit entwickeln, kann seine räumliche und inhaltliche Distanz wahren, hat den Freiraum, den ein experimenteller Umgang mit dem klassischen Rahmen braucht, mit der Herausforderung, die der klassische Rahmen stellt. Besonders förderlich wirkt sich außerdem der Umstand aus, dass an diesem Ort lange Zeit keine prägnanten Ausstellungen stattgefunden haben: der Tempel ist als ein Raum für Kunst unbelastet und neutral; er ist ein unbeschriebenes Blatt. Natürlich muss – in Sichtweite des KHM – die internationale Bedeutung des künstlerischen Programms garantiert sein. Unsere Auswahl der beteiligten Künstlerinnen, Künstler und Unterstützer kann neben dem internationalen Ansehen der alten Sammlung bestehen; sie hat ihr eigenes Gewicht und kann auch in dieser Hinsicht die notwendige Unabhängigkeit und Eigenständigkeit bewahren.
Das größte Problem für eine Wiederbelebung und Aktualisierung des klassischen Bauwerks stellt zunächst die Architektur: nach außen ein imposantes Signal, nach innen ein kleiner Raum. Diese Situation verlangt nach Fähigkeiten, wie sie in der zeitgenössischen Kunst im besonderen Maße vorliegen. Dort gibt es die notwendige Erfahrung, dort gibt es das Wissen darüber, wie ein Werk (oder eine Werkgruppe) gestaltet sein muss, damit es in relativ beengten räumlichen Möglichkeiten genügend Kraft und Konzentration gewinnt, um über die Grenze der kleinen Einheit hinaus wirksam zu sein. Dennoch muss sich jedes aktuelle Programm in diesem Rahmen auch auf die historischen Gegebenheiten und die Nähe zu KHM einstellen.

Installation
Ausstellung
arts (general)
Öffentlichkeit
03.09.2011 (Sat) - 27.09.2011 (Tue)
18:00 -
Theseustempel , 1010 Wien