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UM_BAU 32: Zwischen Raum und Substanz

Ein Haus oder ein Raum steht nie für sich allein. Als Teil eines Geflechts formt Architektur aus Häusern und Räumen Beziehungen. Unsere Beziehung zum Raum wird stetig neu erfahren und bewertet, zuletzt während der Corona-Pandemie, die Innen- und Außenraum radikal anders gewichtete. Komplementär dazu bildet die Substanz einen buchstäblichen Schwerpunkt unseres Begreifens von Architektur: Die konkrete Bausubstanz in ihrer Materialität, ihren Stoffkreisläufen und Transformationen, die Substanz als programmatischer Gehalt von Architektur sowie die Substanz der Stadt.

Der vielstimmige UM_BAU 32 bringt dieses Spannungsfeld zwischen Raum und Substanz zum Schwingen. Er baut auf einer Auswahl von Beiträgen zu den ÖGFA-Jahresprogrammen 2020 und 2021 auf, die von den Vortragenden überarbeitet, ergänzt und durch zusätzliche Texte erweitert wurden. Es waren keine gewöhnlichen Jahre und das macht die Beiträge zu einem historischen Dokument des Zeitgeschehens, dessen Treffsicherheit man in Zukunft erst objektiv wird beurteilen können. Diese zwei Jahre lassen sich zweifellos mit den Worten des Historikers Eric Hobsbawm als „interesting times“ bezeichnen: neue und alte Normalitäten, eine Krise wie die Corona-Pandemie und die Klimakatastrophe als Dauerzustand, damit verbunden eine Selbstkritik und Selbstbefragung der Architektenschaft als Mitverantwortliche für die Klimakatastrophe und als potenziell Handelnde bei ihrer Bekämpfung.

Der UM_BAU 32 ist somit auch diesmal ein besonderes Zeitdokument, widmet sich aber auch den weit über Aktualitäten hinausreichenden Kernfragen der Architektur, was in den beiden Jahresprogrammen „Raumbeziehungen“ und „Substanz“ schon impliziert war. Sie bilden die beiden Kapitel dieses – besonders umfangreichen – UM_BAUs, eingeleitet von einem zusammenfassenden Beitrag der Redaktion.

Die „Raumbeziehungen“ werden in einem bilateralen Dialog von Hermann Czech und David Kohn (protokolliert und in Form gebracht von Elise Feiersinger und Claudia Cavallar) aufgespannt, bevor die von Hertha Hurnaus in Bildern und von Claudia Cavallar in Worten dokumentierte Wiener Wohnung Heinz Frank den Fokus auf die Nahaufnahme legt. Studio Magic und Neuberg College sowie Wolfgang Thaler behandeln Warte- und Transiträume, Anna Minta und Ivica Brnic die mit Bedeutung aufgeladenen Schwellenräume von sakralen Räumen. Im Fischer-von-Erlach-Jubiläumsjahr untersucht Hermann Czech mit seinem geschulten Blick dessen Wiener Bauten auf Überformung und Umbau.

Im Kapitel „Substanz“ nimmt sich Arthur Rüegg die akuten Fragen des Umgangs mit dem Erbe der Nachkriegsmoderne und ihrer sensiblen Substanz vor, bevor der Maßstab ins Städtische erweitert wird. Dirk Baecker beschreibt die Substanz der Stadt aus soziologischer Sicht, Katrin Albrecht und Sophie Wolfrum behandeln in ihren Beiträgen den Straßenraum, ein Thema, das auch während der Pandemie an Dringlichkeit gewonnen hat. Zum Abschluss widmen sich Wolfgang Sonne und Stephan Trüby von explizit gegensätzlichen Positionen aus den Themen Stadtsubstanz und Stadtbild zwischen Zeitlosigkeit und politischer Instrumentalisierung, mit Camillo Sitte als Referenzpunkt.

UM_BAU 32: Zwischen Raum und Substanz
Birkhäuser
ISBN: 978-3-0356-2733-6

Mit Beiträgen von Katrin Albrecht, Dirk Baecker, Ivica Brnic, Claudia Cavallar, Hermann Czech, Elise Feiersinger, Hertha Hurnaus, David Kohn, Anna Minta, Neuberg College, Maik Novotny, Arthur Rüegg, Wolfgang Sonne, Wolfgang Thaler, Stephan Trüby, Andreas Vass und Sophie Wolfrum.

Präsentation
Architektur
Urbanismus
arts (general)