rewind.esel.at
Hör!Spiel!

Das Festival Hör!Spiel! widmet sich jährlich Anfang März gegenwärtigen und historischen Spielformen akustischer Sprachkunst, von der Lautdichtung bis zum Hörspiel, von der Studioproduktion bis zur Live-Performance.

»Hörspiel ist ein doppelter Imperativ«, formulierten Ernst Jandl und Friederike Mayröcker 1969. Im selben Jahr bekam mit ihrem Hörstück Fünf Mann Menschen erstmals ein formal avanciertes, ein konkretes Sprach-Spiel den bedeutenden »Hörspielpreis der Kriegsblinden« zugesprochen. Jandl und Mayröcker haben der Entwicklung des Hörspiels von einer schriftfixierten zu einer eigenständigen akustischen Kunstform nachhaltig Impulse verliehen.

Die akustische Welt ist nicht so umfassend vermessen und kartografiert wie die sichtbare. Hör! Spiel! – der Aufruf, zu hören und zu spielen: Darin liegt die Aufforderung, den sensorischen und semantischen Spielraum des Akustischen zu erkunden.

Ernst Jandls und Friederike Mayröckers »doppelter Imperativ« adressierte ausdrücklich Autor*innen und Hörer*innen. Autor*innen, die in diesem Sinn als hörend und spielend gedacht werden können, machen das Programm des Festivals Hör!Spiel! aus. Die Rufezeichen, die das Festival im Namen trägt, umwerben ein hörspielendes Auditorium.

Montag, 6. März
Laut & Sprachen I

19:00 DICHTER HÖRT DICHTERIN
Jörg Piringer über Lily Greenham

Lily Greenham (*1924 in Wien) trat in den 1950er Jahren mit Lautgedichten hervor. lingual music nannte sie ihre polyglotten elektronischen Kompositionen ab den 1970er Jahren, die Sprachspiel mit -analyse und Gesellschaftskritik verbinden. Jörg Piringer schreibt: »Lily Greenhams elektronische Lautpoesie sowie akustische Konstellationen können dem Vergleich mit aktuellen Stücken mehr als standhalten. Ihre Polylingualität setzte sie auch als Interpretin der Sprachexperimente ihrer Kolleginnen und Kollegen ein. Als bildende Künstlerin war sie u.a. eine Pionierin der digitalen Kunst und generierte mit damals brandneuen Homecomputern abstrakte Bilder.«

Jörg Piringer, *1974; Autor, Musiker, Programmierer. Sound Poetry, digitale Kunst. Mitglied des Instituts für Transakustische Forschung und des Gemüseorchesters. Zuletzt (u.a.): darkvoice (CD, 2019).

Lily Greenham lebte zunächst in Kopenhagen, ab 1953 Musikstudien in Wien, Kontakt zur ›Wiener Gruppe‹; ab 1964 Malerei-Studium in Paris, ab 1972 bis zu ihrem Tod 2001 in London. 1983 Teilnahme an Autorenprojekt von Gerhard Jaschke/Alte Schmiede. Publikationen (u.a.): internationale sprachexperimente der 50er/60er jahre (Vinyl, 1970); tune in to reality! Gedichte (1974); lingual music (CD, 2007).

20:00 PERFORMANCE
Elke Schipper parole
Elke Schipper Stimme
Michael Griener Percussion

Im Rückgriff auf Ferdinand de Saussures Begriff ›parole‹ für das Ereignis des individuellen Sprechakts zeigt Elke Schipper in ihrer Lautpoesie, wie atomisierte Sprache zwischen einzelnen Sprachsystemen flottieren und diese unterwandern kann. Sie schreibt: »Anliegen meiner Arbeit ist das Freisetzen der – subkutanen – klanglichen, rhythmischen und dynamischen Energien von Sprache. Sie als Rede tätig werden zu lassen im Aufdecken, Verstärken und Verselbständigen dessen, was als sprachliche Wirklichkeit vor dem Wort, in ihm und durch es hindurch hörbar wird.«

Elke Schipper schreibt, konzipiert und komponiert Lautpoesie, die sie solo und in Zusammenarbeit mit Musiker*innen aufführt; Vokalistin im Bereich freier Improvisation, Ausstellungen ihrer visuellen Poesie »contrescripts«; dokumentiert auf einem Dutzend CDs/DVDs. Sie lebt bei Hannover.

Michael Griener profiliert sich seit 30 Jahren als Berliner Schlagzeuger im Bereich zwischen Jazz und freier Improvisation, u.a. mit Günter Christmann; Lehrtätigkeit an der Musikhochschule Dresden; internationale Konzertreisen, zahlreiche CD-Einspielungen.

Festival
Performance
Klangkunst
Literatur
arts (general)
Musik
06.03.2023 (Mon)
19:00 -
Alte Schmiede , 1010 Wien